Kufa: Miss Platnum erfindet sich neu

Beim intimen Clubkonzert ist alles neu: Ruth Maria Renner setzt auf düsteren Elektro-Soul und weiche Stimme.

Foto: Dirk Jochmann

Krefeld. Manche Künstler bleiben sich ein Leben lang treu, andere setzen auf stetigen Wandel. Die Berliner Musikerin Ruth Maria Renner gehört definitiv zur zweiten Kategorie: Mit Mitte 20 hat sie wilden Experimental-Soul gemacht, später ihren eigenen Sound kreiert, eine Melange aus Balkan-Volksmusik, Hip-Hop, Dancehall und Rhythm and Blues. Nun war es wohl wieder an der Zeit, sich neu zu erfinden.

„Miss Platnum ist tot. Es lebe Miss Platnum!“ Mit diesen Worten hat die gebürtige Rumänin ihr Alter Ego sterben und wiederauferstehen lassen. Die Fans, die am Freitagabend in die Kulturfabrik gekommen waren, durften diese Metamorphose bei einem intimen Clubkonzert hautnah erleben.

Bereits der Opener „Mein Kleid“ vom aktuellen Album „Glück und Benzin“ machte deutlich: Hier ist alles neu — der Look, der Sound, die Sprache. Statt auf hedonistische Pauken und Trompeten setzt Miss Platnum nun auf düstere Bässe und jaulende E-Gitarre. Zudem singt sie jetzt auf Deutsch, ihr Englisch — manchmal mit einem wunderbar inszenierten osteuropäischen Akzent — gibt es nur noch bei den alten Stücken zu hören.

Von denen spielt sie in Krefeld aber nicht viele, auch wenn sie vom Publikum begeistert gefeiert werden. Das herrlich ironische Lied „Mercedes Benz“ von ihrem Kracher-Album „Chefa“ aus dem Jahr 2007 bringt die Leute zum Tanzen, genauso wie die folgende Version von Stromaes „Papaoutai“ und das explosive „She Moved In“ von 2009. Auf die bekannte Anti-Diät-Hymne „Give Me The Food“ warten die Fans dagegen bis nach der Zugabe vergebens.

Das Projekt „Lila Wolken“, eine EP mit fünf Liedern, die Miss Platnum zusammen mit Materia und Yasha vor zwei Jahren aufgenommen hat, scheint in ihrer Arbeit bis heute nachzuhallen. Denn die Solo-Versionen von „Kreuzberg am Meer“ und „Autoboy“, die sie in der Kufa spielt, würden sich auch nahtlos in ihr aktuelles Album einfügen.

Das ist zwar nicht unbedingt zum ausgelassenen Feiern geeignet, aber durchaus zum aufmerksamen Zuhören. Nicht nur wegen Miss Platnums Stimme, die warm, weich und wie gemacht für ihren düsteren, langsamen Elektro-Soul ist, sondern auch wegen ihrer Texte. Denn manchmal findet sie genau die richtigen Worte für ein bestimmtes Gefühl.

Und auch den Grund für ihre eigene Wandlung von der „Rampensau vom Dienst“ (Die Zeit) zu „einer echten, reifen und erwachsenen Künstlerin“ (Miss Platnum) bringt sie in der Jay-Z-Hommage „99 Probleme“ auf den Punkt: „Mein Label hat ‘n Tipp: Mach mal ´nen Hit! Ich mach da nicht mit, dann lieber Kunst. Mach keine Musik für kleine Mädchen und Jungs.“