Abwahl Sauerlands beantragt - Neues Loveparade-Dokument belastet die Polizei

Einem internen Bericht zufolge warnte die Feuerwehr die Polizei vor dem Sperren der Rampe. Zudem hat die Ratslinke jetzt die Abwahl Sauerlands beantragt. Der OB tritt wohl auch aus finanziellen Gründen nicht selbst zurück - er würde seine Pensionsansprüche verlieren.

Duisburg. Die Verantwortlichen für die Katastrophe bei der Loveparade in Duisburg müssen nach Überzeugung des amtierenden Ratsvorsitzenden der Evangelischen Kirche, Nikolaus Schneider, klar benannt werden. „Das ist auch ein wichtiges Element für Menschen, die trauern“, sagte Schneider am Freitag. Gleichzeitig rief er zu Sorgfalt und Fairness auf. Schneider leitet am Samstag mit dem Essener Bischof Franz-Josef Overbeck den ökumenischen Gottesdienst zum Gedenken an die 21 Opfer.

Er sagte, die Menschen hätten einen berechtigten Anspruch darauf, dieHintergründe zu erfahren. Er habe aber auch ein gewisses Verständnis fürden seit Tagen abgetauchten Oberbürgermeister Adolf Sauerland, dessenRücktritt immer häufiger gefordert wird. Sauerland habe Morddrohungenerhalten und müsse sehen, „wie er sich schützt und seine Familie“.Gleichwohl sei es wichtig, die genauen Planungs-Abläufe in derStadtverwaltung von Duisburg öffentlich zu machen, betonte Schneider.

In diesem Zusammenhang sorgt nun ein neues Loveparade-Dokument für Aufsehen: Der Einsatzleiter der Feuerwehr hat die Polizei wohl unmittelbar vor demUnglück auf der Duisburger Loveparade vor einer Sperrung der Rampegewarnt. Das soll aus einem internen Schreiben hervorgehen. In dem Berichtder Feuerwehr Duisburg ist dokumentiert, dass der Verbindungsbeamte derPolizei die Feuerwehr darüber informiert hat, dass die Zulauframpe inRichtung Veranstaltungsgelände "kurzfristig" gesperrt werden soll.

Der Einsatzleiter der Feuerwehr entgegnete laut demFeuerwehr-Bericht, "dass diese Maßnahme aus einsatztaktischer Sicht sehrproblematisch ist. Aus diesem Grund ist die Feuerwehr dagegen". Weiterheißt es in dem Bericht, "nach kurzer Diskussion" sei vereinbart worden,dass einer Sperrung nur zugestimmt werden kann, wenn "der Nachlauf inden Karl-Lehr-Tunnel durch die Polizei verhindert wird". Nach bisherigenErkenntnissen ist der Nachlauf in den Tunnel aber nicht verhindert worden.

Auch der Chef des Kulturhauptstadt-Projekts „Ruhr.2010“, Fritz Pleitgen, hat den derzeitigen Umgang der Verantwortlichen mit der Katastrophe bei der Loveparade in Duisburg kritisiert.

„Man muss sich jedenfalls der Öffentlichkeit stellen, muss versuchen, die Fragen, die man wirklich beantworten kann, dann auch zu beantworten, damit die Menschen wissen, da ist jemand bereit, die Verantwortung zu tragen.“ Dies gelte vor allem für Oberbürgermeister Adolf Sauerland (CDU).

„Der Oberbürgermeister Sauerland ist ein sehr beliebter Oberbürgermeister gewesen, aber offensichtlich jetzt nicht der Situation gewachsen. Und er braucht dringend Hilfe.“ Gefragt sei dabei vor allem die Spitze der CDU. Schließlich sei die Situation für Sauerland derzeit sehr schwierig - unter anderem auch finanziell. „Er würde alle Ansprüche verlieren, er hätte überhaupt keine Pension. Auch da müsste eine Lösung gefunden werden.“

Nun hat nach der tagelangen Dauerkritik an Duisburgs Oberbürgermeister AdolfSauerland (CDU) die Linke im Ratder Stadt seine Abwahl beantragt. Der Antrag sei am Donnerstagabgeschickt worden, bestätigte Linken- Fraktionschef Hermann Dierkes amFreitag. Die FDP werde den Antrag unterstützen, sagte FDP-RatsherrWilhelm Bies.

Ungeachtet aller juristischen Fragen trage Sauerland als Rathauschefdie moralisch- politische Schuld an den Ereignissen. Die SPD habe sichBedenkzeit bis nach der Trauerfeier ausgebeten. Er rechne damit, dasssich die Geschäftsstellen der Fraktionen zu der Frage am Wochenanfangaustauschen, sagte Bies.

Eine Abstimmung über die Abwahl des Oberbürgermeisters muss nach derKommunalverfassung von der absoluten Mehrheit im Rat beantragt werden.Für die Abwahl selbst wäre eine Zwei-Drittel-Mehrheit notwendig.Zumindest für die erste Abstimmung gebe es gute Erfolgsaussichten, sagteBies. Für die Zwei-Drittel-Mehrheit zur eigentlichen Abwahl seien nachseiner Berechnung aber auch CDU- Stimmen erforderlich.

Auch das sei aber denkbar, wahrscheinlich sei für den Wahlgang einegeheime Wahl möglich, sagte Bies. Die juristischen Details müssten nochgeklärt werden.Im Duisburger Rat sitzen 75 Vertreter. Die SPD hat 30 Sitze, die CDU 25Sitze, die Grünen 6 Sitze, Die Linke 6 Sitze, die FDP 3 Sitze und eineWählergemeinschaft 3 Sitze. Ein Mitglied des Rates gehört keinerFraktion an. Vorsitzender des Rates ist Oberbürgermeister AdolfSauerland. Er hat Stimmrecht im Rat und besitzt die 75. Stimme.