100 Tage Michael Frontzeck

„Es war eine gute Entscheidung, auf Michael Frontzeck zu setzen“, hat Günter Netzer der Westdeutschen Zeitung gesagt.

Mönchengladbach. Jetzt sind seine ersten 100 Tage als Cheftrainer bei Borussia Mönchengladbach rum, und Michael Frontzeck kann mit der Zwischenbilanz zufrieden sein. Nach vier Spieltagen hat seine Mannschaft in der Fußball-Bundesliga sieben Punkte auf dem Konto.

Das ist keineswegs beruhigend, und doch hat es eine gewisse Aussagekraft, lassen sich doch aus den ersten 360 Minuten einige Positiva ableiten. Und allein die Tatsache, dass derzeit 13 Mannschaften hinter den Gladbachern platziert sind und der vor Saisonbeginn hoch gelobte rheinische Rivale 1.FC Köln das Tabellenende ziert, tut der Gladbacher Seele gut.

"Aber es ist noch viel zu tun", sagte der neue Gladbacher Cheftrainer nach dem "schwierigen" Spiel gegen Mainz 05 (2:0-Erfolg) und dämpft zu hohe Erwartungen gleich wieder. Nach all dem Ungemach der vergangenen Spielzeit genießen die Anhänger den Moment und freuen sich nach dem Gastspiel beim "Club" aus Nürnberg (Samstag, 15.30 Uhr) insbesondere auf die erste englische Woche zwischen dem 19. September und dem 27. September. Dann ist der Borussia-Park die Bühne für das Bundesligaspiel gegen Hoffenheim und das Pokal-Derby gegen den MSV Duisburg, ehe die Partie in Freiburg das Programm im September abrundet.

Wenn es stimmt, was Frontzecks Kollege Lucien Favre, der Trainer von Hertha BSC Berlin, in der Berliner Zeitung gesagt hat, nämlich, dass die richtigen Transfers rund 85 Prozent des Erfolges ausmachen, dann haben die Gladbacher mit Sportdirektor Max Eberl und Michael Frontzeck eben vieles richtig gemacht. War bereits in der Winterpause 2008/2009 die Verpflichtung der vier Neuen (Logan Bailly, Dante, Tomas Galasek und Paul Stalteri) von Erfolg gekrönt, so lässt sich die Liste der Volltreffer in diesem Sommer beliebig fortsetzen.

Borussia Mönchengladbach hat Gewinner an Land gezogen, Typen, die etwas reißen wollen, Profis, die vielleicht ein bisschen mehr mit Herzblut und Leidenschaft spielen als so mancher ihrer Vorgänger in der Vergangenheit. "Wir wollen hier in den kommenden Jahren eine Stabilität erreichen und uns Schritt für Schritt entwickeln", hat Michael Frontzeck bei seiner Amtsübernahme am 3. Juni, also vor 100 Tagen, im Borussia-Park gesagt. Und vielleicht schafft es ja der 45-jährige gebürtige Gladbacher (aus Odenkirchen) ja tatsächlich, gemeinsam mit Max Eberl, für die lange vermisste Konstanz zu sorgen.

Wie Eberl schwärmt auch Frontzeck vom "Bremer Modell", von der hanseatischen Gelassenheit und einem Klima, das Vertrauen schafft. Das Erfolgs-Duo des SV Werder arbeitet inzwischen bereits seit mehr als zehn Jahren Hand in Hand.

Bisher hat vieles gestimmt in Mönchengladbach. Frontzeck weiß, wie er das Team anpacken muss. Er hat eine klare Ansprache und fordert eine Menge von seinen Schützlingen.

Und wenn dann ein Spieler wie Michael Bradley meint, die beleidigte Leberwurst spielen zu müssen, als Frontzeck ihn in Bremen vorzeitig vom Feld nahm, bekommt er auch die "harte Hand" des Trainers zu spüren. Die Partie gegen Mainz fand ohne den US-Boy statt. "Aber das ist dann auch wieder abgehakt", sagt Frontzeck.

Dass mit Marko Marin und Alexander Baumjohann die besten Offensivkräfte der vergangenen Saison die Borussia verlassen haben und ihr Glück in Bremen und München suchen, davon spricht rund um den Borussia-Park momentan niemand. Was einen guten Grund hat: Denn alle Zugänge haben ihr Soll bis dato erfüllt. Wovon Sportdirektor Eberl von Anfang an überzeugt war: "Ich bin sicher, dass wir keine Zittersaison bis zum letzten Spieltag erleben."

Wenn Borussia Mönchengladbach morgen bei Aufsteiger Nürnberg antritt, werden vermutlich wieder vier "Neue" auf dem Platz stehen: Marcel Meeuwis, Thorben Marx, Juan Arango und Raul Bobadilla - ja, und ein Fünfter "Novize" wird garantiert wieder irgendwann eingewechselt: Marco Reus, ein Rohdiamant von gerade mal 20 Jahren, dem Frontzeck immer wieder zu Einsatzzeiten verhilft.

Und der Tag wird kommen, da der feine Techniker und geschickte Dribbler im offensiven Mittelfeld nicht mehr wegzudenken sein wird. "Er ist ein kompletterer Fußballer als Marko Marin", sagte der frühere Borussen-Trainer und jetzige Spielerbetreuer Gerd vom Bruch über Reus, den er oft genug beobachtet hat. Das fantastische Tor gegen Mainz sei, so vom Bruch, erst der Anfang gewesen.