Alte Meister – freche Aufsteiger

Die zweite Bundesliga ist komplett. Ex-Borusse Dirk Heyne scheitert mit Magdeburg.

Mönchengladbach. In Paderborn, so behaupten Kenner der Region, läuten entweder die Glocken oder es regnet Bindfäden. Holger Fach, Trainer des dortigen Fußballvereins SC, weiß ein Lied davon zu singen. Er ist seiner Heimatstadt Wuppertal treu geblieben: "Ich muss die Schwebebahn in meiner Nähe haben. Außerdem ist es ja nur ein Katzensprung bis Paderborn." Dass in der 140 000 Seelen-Stadt auch passabel Fußball gespielt hat, ist bekannt. In der Saison 2005/2006 unter Jos Luhukay Neunter, belegten die Paderborner unter der Regie von Holger Fach nun Rang elf und schafften souverän den Klassenerhalt.

"Die zweite Liga ist kein Wunschkonzert. Schön Fußball spielen und gewinnen, ist zwar grundsätzlich kein Widerspruch, doch in erster Linie ist kämpfen und grätschen gefragt", sagt Fach, 416-maliger Bundesliga-Profi und Trainer von Borussia Mönchengladbach (21. September 2003 bis 27. Oktober 2004).

Seit Samstag ist das Unterhaus der Bundesliga komplett, eine exzellente Ansammlung von alten Meistern, erlesenen Traditionsmannschaften und hungrigen Aufsteigern. Sah es vor dem entscheidenden Spieltag so aus, als würde neben Holger Fach (Paderborn) und Christian Hock (SV Wehen/Spieler bei Borussia von 1992 bis 1994) ein weiterer Ex-Borusse als Zweitliga-Trainer fungieren, so gab es am letzten Spieltag doch noch ein böses Erwachsen für den 1. FC Magdeburg, den Klub von Dirk Heyne (Torwart in Gladbach von 1991 bis 1994). Das Team aus Sachsen-Anhalt wurde nach dem 1:1 gegen Aufsteiger FC St. Pauli noch vom VfL Osnabrück abgefangen und rutschte auf den dritten Platz. Ab 10. August beginnt für Borussia Mönchengladbach das Unternehmen Wiederaufstieg. "Wir werden die Gejagten sein", sagt Geschäftsführer Stephan Schippers, dem Absteiger und Traditionsklub eins auszuwischen, darauf sei die Konkurrenz Woche für Woche erpicht. Nach dem ersten Abstieg in der 40-jährigen Bundesligageschichte anno 1999 brauchten die Gladbacher zwei Jahre, ehe Trainer-Heroe Hans Meyer den VfL wieder in die Bundesliga zurückführte.

Schafft das Gladbachs Cheftrainer Jos Luhukay auf Anhieb? Der Niederländer kennt die zweite Liga von seinen Jobs beim 1. FC Köln und beim SC Paderborn besser als jeder andere im engeren Umfeld der Borussia. "Ich weiß, wie es da abgeht. Wenn du nicht die Ärmel hochkrempeltst und bis zum Umfallen kämpfst, hast du schon verloren", sagt Luhukay, der die "Sünden der Vergangenheit" nach seinem Bundesliga-Debüt als Gladbacher Cheftrainer Anfang Februar nicht mehr tilgen konnte und mit seiner Mannschaft sang- und klanglos abstieg.

Nun hat Luhukay die Chance, seine Vorstellungen und Ideen von modernem und erfolgreichen Fußball umzusetzen - mit einer neuen Mannschaft, in der das Wort Teamgeist groß geschrieben werden soll und Tugenden wie Ehrgeiz oder Leidenschaft selbstverständlich sind. Das "Wir-Gefühl" alleine ist aber nur ein Aspekt. Luhukay braucht schnell Erfolge, damit das Gladbacher Publikum von Beginn an den frischen Wind und neuen Geist spürt. Bayern München oder Schalke - das war einmal. Jetzt ist Liga zwei angesagt. Zum Beispiel das Hermann-Löns-Stadion in Paderborn, wo entweder die Glocken läuten oder es Bindfäden regnet. Die Gladbacher Fans werden sich schnell an die zweite Liga gewöhnen, in der sie neben der Reise nach St. Pauli oder Aachen ja auch tolle WM-Arenen erwarten (Köln, Lautern, München). Ein Hauch Bundesliga-Glamour schwingt also mit.