Christian Ziege gibt entnervt auf
Das Projekt vom Sportdirektor zum Co-Trainer ist gescheitert. Hans Meyer will seinen Weggefährten Stefes zurück.
Mönchengladbach. An jenem Sonntag im Oktober hockte Christian Ziege ganz rechts außen auf dem Podium. Er strahlte. Aber das Zentrum war schon neu besetzt. Hans Meyer regierte dort, erzählte und parlierte. Er war gerade von Ziege selbst mit dem Rettungsauftrag für die Borussia ausgestattet worden, und bei seiner Vorstellung schrumpften auch Präsident Rolf Königs und der neue Sportdirektor Max Eberl, die ihn links flankierten, zu Marionetten.
Christian Ziege wollte es so. Er wollte kein Sportdirektor mehr sein. Er wollte lieber draußen auf dem Platz arbeiten als am Schreibtisch. "Wenn ich auf dem Platz stehe, kann ich viel besser ausleben, was ich empfinde", sagte Ziege und glaubte an einen gelungenen Coup mit seinem Wechsel vom Sportdirektor zum Co-Trainer.
Am Montag erklärte er den Rücktritt von seinem Amt. "Meine Beweggründe sind rein persönlicher, privater Natur. Alles andere sind wilde Spekulationen, die nicht der Wahrheit entsprechen und von denen ich mich distanziere", sagte Ziege. Der Mannschaft und dem Verein wünschte er alles Gute. "Ich bin sicher, dass Borussia nach der Winterpause anders auftreten wird."
Nach Informationen unserer Zeitung steht Zieges Nachfolger in Manfred Stefes bereits fest: Hans Meyer will seinen alten Weggefährten und Ex-Borussen beim MSV Duisburg loseisen. Stefes liegt ein Angebot von Borussia Mönchengladbach vor.
Ziege kam 2004 zur Borussia, war ihr Kapitän. Nach dem verletzungsbedingten Karriereende 2005 trainierte er die B-Junioren, stieg im März 2007 zum Sportdirektor auf. Die Entlassung von Jos Luhukay Anfang Oktober beförderte ihn zum Cheftrainer-Sportdirektor für ein Spiel, ehe er freiwillig ins zweite Glied als Co-Trainer Meyers trat.
Aber in nur zwei Monaten ist er an seinem Chef verzweifelt, weil Meyer seinen angestammten Co-Trainer Jürgen Raab stets mehr ins Vertrauen zog. Ziege war während der dreitägigen Israel-Reise der Borussia, die mit 0:1 gegen das von Lothar Matthäus trainierte Maccabi Netanya unterlag, in Mönchengladbach geblieben, um die angeschlagenen Spieler zu betreuen.
Montagabend kehrte die Mannschaft mit Meyer aus Israel zurück. Donnerstag gehen die Spieler in Urlaub. Bis zum Trainingsauftakt am Samstag, 3. Januar, will der Klub mindestens drei neue Spieler präsentieren. Möglicherweise den einen oder anderen noch vor Weihnachten. Im Gespräch sind US-Abwehrriese Oguchi Onyewu (26, Standard Lüttich), auch der neue Torwart könnte aus Belgien kommen: Entweder Logan Bailly (22, Genk) oder Olivier Renard (29, KV Mechelen).
Michael Jakobsen, Innenverteidiger von AalborgBK, ist ebenfalls ein Thema. Im Angriff sind Diego Klimowicz (BVB) und der in Nantes unglückliche Ivan Klasnic im Gespräch, ebenso wird Tomas Galasek (Banik Ostrau) gehandelt, der Meyers verlängerte Arm beim 1.FC Nürnberg war.
Aber auch Gladbacher Profis sind begehrt: So hat Moses Lamidi beim SC Freiburg ein Probetraining absolviert. Alexander Baumjohann und Marko Marin stehen beim FC Bayern München auf dem Wunschzettel für die kommende Saison.
Die Karriereplanung von Christian Ziege ist seit gut einemJahrzehnt, seit seinem Abschied von den Bayern, so unübersichtlich wiedie Chancen der Borussia auf den Klassenerhalt. Schon als Spieler galter als der Unvollendete, dem man schwächere Spiele immer persönlichangerechnet hat. Bei Borussia kann man ihm seine Schwäche, den Job alsSportdirektor so gut ausgefüllt zu haben wie es eben ging, nicht übelnehmen.
Dem Klub aber darf man ankreiden, welches Signal er aussendet,wenn er erlaubt, dass sich ein leitender Angestellter nach Gusto einenneuen Job im Klub aussucht. Das ist unprofessionell. Im Zentrum desMachtmenschen Hans Meyer war kein Platz für Ziege. Das kann einHoffnungsschimmer für die Borussia sein.
stephan.esser@wz-plus.de