Hoeneß: Keine Revision, aber noch viele Fragen offen
München (dpa) - Als die Wirtschaftskammer des Landgerichts München II sich über die Unterlagen von Steuerbetrüger Uli Hoeneß beugt, sagt Richter Rupert Heindl einmal diesen Satz: „Hier fehlen 1,7 Millionen, von denen keiner weiß, wo sie sind.“
Auch die Rosenheimer Steuerfahnderin, die sich in einer Hauruck-Aktion durch die rund 70 000 Seiten umfassenden Steuerunterlagen wühlte, fand immer wieder Lücken. In den Belegen, die Hoeneß erst kurz vor Prozessbeginn bei Gericht eingereicht hatte, vermisste sie immer wieder Millionen, die irgendwo fehlten - und für deren Fehlen die Steuerfahnderin zunächst keine Erklärung finden konnte.
Weil sowohl Staatsanwaltschaft als auch Hoeneß selbst aber keine Revision gegen das Urteil von dreieinhalb Jahren Haft einlegen wollen, bleibt es jetzt dabei. „Das Urteil in der Strafsache gegen Ulrich H. ist somit rechtskräftig“, teilt das Landgericht München II mit. Der tief gestürzte Patron des FC Bayern geht also für die Hinterziehung von 28,5 Millionen Euro Steuern ins Gefängnis. Es ist eine „best case“-Berechnung zugunsten von Hoeneß. Wie hoch die Summe, um die er den Staat betrogen hat, tatsächlich ist, das brachte der Prozess nicht ans Tageslicht - auch wenn Hoeneß doch von Anfang an betonte, alle Karten offen auf den Tisch zu legen.
Alle Parteien haben jetzt einen Deckel draufgemacht auf die Causa Hoeneß - auch wenn Hoeneß' Verteidiger Hanns W. Feigen noch direkt nach dem Prozess angekündigt hatte, den Fall zum Bundesgerichtshof nach Karlsruhe zu bringen. Ein für alle Mal solle festgestellt werden, wie umzugehen ist mit verunglückten, unvollständigen, ungültigen Selbstanzeigen von Steuersündern. Dazu wird es jetzt nicht kommen - zumindest nicht mit Hoeneß als prominentem Präzedenzfall.
Auch wenn es im Prozess schließlich um 28,5 Millionen statt 3,5 Millionen Euro hinterzogene Steuern ging und der komplexe Fall nach nur vier Tagen vor Gericht abgeschlossen war, hält die Staatsanwaltschaft das Urteil für vertretbar. Das zumindest sagt der stellvertretende Sprecher der Staatsanwaltschaft München II, Florian Gliwitzky. „Die Staatsanwaltschaft soll nur dann Rechtsmittel einlegen, wenn das Strafmaß in einem offensichtlichen Missverhältnis zur Schuld steht. Das war aus unserer Einschätzung nicht der Fall.“
Hoeneß erklärte seinen Verzicht auf Rechtsmittel schon Tage vorher. Schließlich hat er nach Ansicht von Experten mit dem Urteil noch einigermaßen Glück gehabt und diesen Schritt vor allem als Möglichkeit erkannt, sich doch noch einmal als geläuterten und rechtschaffenen Mann in der Öffentlichkeit zu präsentieren. Damit spielt es für seine Haftstrafe auch keine Rolle, wie genau die gewaltigen Summen von zeitweise mehr als 150 Millionen Euro den Weg auf sein geheimes Schweizer Konto fanden.
Spekulationen dazu gibt es derweil genug. Die Linkspartei hält den Fall beispielsweise noch nicht für abgeschlossen. „Ich würde es begrüßen, wenn der FC Bayern eine unabhängige Kommission von Wirtschaftsprüfern einsetzt, die offenlegt, ob und welche Verquickungen es zwischen dem Fall Hoeneß und dem FC Bayern gibt“, sagt Parteichef Bernd Riexinger „Handelsblatt Online“.
Sowohl der Verein als auch Hoeneß betonten immer wieder, der Verein sei nicht in Hoeneß' Spekulationen verwickelt gewesen. „Ich habe seit Jahren ein Konto bei der Vontobel Bank in der Schweiz“, sagte Hoeneß in seinem Geständnis vor Gericht. „Dieses Konto war ganz allein Uli Hoeneß“, sagte er im vergangenen Jahr im Interview der „Zeit“.
Dieser Uli Hoeneß muss nun, da das Urteil gegen ihn rechtskräftig wird, unwiderruflich ins Gefängnis - und zwar schon bald. Wahrscheinlich nach Ostern wird er sein luxuriöses Haus am Tegernsee eintauschen müssen gegen eine Zehn-Quadratmeter-Zelle im Gefängnis von Landsberg. „Ich lasse das im Moment alles mal auf mich zukommen. Und dann sehen wir weiter“, sagte Hoeneß dem „Kicker“. Dabei soll er sogar gelächelt haben.