Mainz singt und lacht: Tuchel-Truppe in Europa

Gelsenkirchen (dpa) - Karneval im Ruhrgebiet: Matchwinner Lewis Holtby und seine Kollegen hüpften ausgelassen über den Rasen und feierten den Einzug des FSV Mainz 05 nach Europa mit ihren Fans.

„Für mich ist das ein Befreiungsschlag. Ich bin froh, dass ich so eine Riesen-Saison mit so einer guten Mannschaft gespielt habe“, schwärmte der 20-jährige Holtby nach dem 3:1-Erfolg bei seinem ehemaligen und künftigen Arbeitgeber Schalke 04. Und augenzwinkernd fügte er hinzu: „Schalke ist ja keine Gurkentruppe. Ich freue mich auf die Rückkehr, aber Mainz habe ich immer im Herzen.“

Mit dem ersten Sieg auf Schalke machte die Elf von Thomas Tuchel die Qualifikation für die Europa League am vorletzten Spieltag perfekt. Das letzte Heimspiel gegen Absteiger St. Pauli dürfte nun zur Party werden. Tuchel war stolz auf seine junge Truppe, aber noch zu angespannt, um den größten sportlichen Erfolg der Clubgeschichte euphorisch zu genießen. „Nach dem heutigen Auftritt und dem, was die Mannschaft investiert hat, ist es Zeit, ihr ein dickes Kompliment zu machen“, lobte der Trainer. „Die sichtbare Freude wird bei mir aber sicher erst in ein paar Tagen kommen.“

Andere gingen mehr aus sich heraus. Präsident Harald Strutz schwärmte nach dem gesicherten fünften Platz vom „historischen Erfolg für Mainz 05“, und Manager Christian Heidel meinte pathetisch: „Für die Mainzer kommt das gleich nach der Mondlandung. Was die Jungs in der Saison geleistet haben, ist großartig.“ Holtby beschrieb das Erfolgsgeheimnis so: „Wir haben Freundschaft, Lockerheit, Professionalität und Ehrgeiz gelebt.“

Mit seinem Treffer zur 2:1-Führung (82.) und den Vorlagen zu den Toren von André Schürrle (52.) und Nikolce Noveski (85.) gelangen Holtby die entscheidenden Aktionen in der Partie, die lange nur dahinplätscherte. Erst nach dem 1:0 durch den zur zweiten Hälfte eingewechselten Klaas Jan Huntelaar (47.), der seine Torflaute in der Bundesliga nach 1003 Minuten beendete, nahm das Spiel Fahrt auf.

Doch während die Rheinhessen mit ihren Tempo-Gegenstößen und variantenreichem Offensivspiel glänzten, verfiel „Königsblau“ drei Tage nach dem Aus im Champions-League-Halbfinale bei Manchester United zum Ärger von Trainer Ralf Rangnick mehr und mehr in Lethargie. „Nach der Führung hatten wir den psychologischen Vorteil. Aber ausgerechnet da kassieren wir das 1:1 brutal ärgerlich durch einen Konter“, kritisierte Rangnick. Immerhin bleibt ihm der Trost, dass Holtby nach seiner Lehrzeit in Bochum und Mainz ab dem Sommer wieder auf Schalke ist: „Dass er ein guter Spieler ist, weiß ich schon ein paar Tage länger.“

Nach der fünften Pflichtspiel-Niederlage hintereinander muss sich Rangnick ernsthaft Sorgen machen um die psychische und physische Verfassung seiner zuletzt extrem belasteten Elf. „Klar, es waren auch starke Gegner dabei. Aber heute hatte es in den entscheidenden Situationen mit Willen zu tun“, analysierte der Coach, der die nächsten eineinhalb Wochen zum „Neustart“ nutzen will. Schließlich soll die Achterbahn-Saison mit dem Pokalsieg gegen den MSV Duisburg am 21. Mai gekrönt werden. Doch Manuel Neuer, der nach seinem mutmaßlich letzten Heimspiel für Schalke sogar von den eigenen Fans ausgepfiffen wurde, warnte: „Bis dahin ist nicht viel Zeit. Was wir in der ersten Hälfte abgeliefert haben, war eine Frechheit.“