Eine neue Gefährlichkeit
Die Fortuna erzielte die Hälfte ihrer Tore in dieser Saison nach Ecken und Freistößen.
Düsseldorf. Wenn Markus Anfang heute Nachmittag auf dem Platz mit den Armen fuchtelt, dann will er nicht etwa die Flugzeuge über der Arena im Landeanflug dirigieren. Wenn es nicht die Fußball-üblichen Beschwerde-Gesten gegenüber den Schiedsrichtern sind, dürfte es sich um die abgesprochenen Geheimzeichen bei Standardsituationen wie Eckbällen oder Freistößen handeln. Mal die linke Hand, mal der rechte Arm, mal mehr, mal weniger Finger ausgestreckt. "Das stimmt, wir haben da bestimmte Absprachen", sagt der 33-jährige Mittelfeldspieler, "und wir haben da einige Varianten auf Lager."
Anfang schießt so gut wie alle Ecken und Freistöße des Drittligisten in dieser Saison und brachte bisher schon doppelt so viel Gefährlichkeit vor das gegnerische Tor als in der gesamten vergangenen Spielzeit. Da war Anfang zwar ebenfalls zuständig, doch seine Hereingaben landeten meist auf den Köpfen oder Füßen der Gegner. Deshalb probierten es auch Marcus Feinbier und Jörg Albertz bei den ruhenden Situationen - vor allem, als Anfang verletzt pausieren musste. Mit der einen Folge, dass Feinbier im Gefahrenzentrum als "Knipser" fehlte. In anderen Fällen war Albertz mit seinem "Ali-Hammer" weit entfernt von der Torgefährlichkeit früherer Jahre.
Die Harmlosigkeit bei den Standardsituationen strapazierte zusätzlich zum Misserfolg die Nerven der Fans. Manch einer glaubte sogar, das werde gar nicht trainiert. In dieser Spielzeit liegt diese Vermutung so weit entfernt wie Bayern München vom Abstieg aus der Bundesliga. Von den bisher sechs Toren resultierten drei aus Standardsituationen.
Beispiel Union Berlin: Anfang schießt von rechts die Ecke auf den kurzen Pfosten, und Hamza Cakir nickt mit einem schulbuchmäßigen Kopfball zum 1:0 ein. Für den eingewechselten Anfang eine stille Genugtuung nach seiner Nichtberücksichtigung in der Startelf. Mit dem Siegtreffer zum Saisonstart in der "Alten Försterei" beendete die Fortuna den 13-Jahre-"Fluch", Auftaktspiele nicht gewinnen zu können.
Beispiel Werder Bremen II: Wieder eine Ecke von rechts durch Anfang, in der Mitte köpft Axel Lawarée zur 1:0-Führung ein. Das erste und bisher einzige Tor des Stürmers ist die Grundlage für das 2:0 gegen die Bremer, gegen die es in zehn Spielen zuvor keinen Sieg gegeben hatte.
Beispiel Energie Cottbus II: Anfang probiert es mit einer Freistoßvariante, an deren Ende Lawarée einschießen soll, aber am Cottbusser Torwart Martin Männel scheitert. Den Abpraller schiebt Andreas Lambertz zum 1:0-Siegtreffer ins Tor. Anschließend freut sich Anfang darüber, "dass wir durch Standardsituationen endlich mal auch schwache Spiele entscheiden können".
Angesichts der bisherigen Abschlussschwäche, die der Fortuna seit dem Saisonstart als einziges Makel anhaftet wie ein Soßenfleck auf der Hose, ist das auch ein Teil des bisherigen Erfolgsrezeptes des Spitzenreiters. "Es ist wichtig, dass wir diese Dinge verstärkt üben", sagt Weidemann. "schließlich haben wir schon drei Spiele dadurch entschieden."
In Dresden wäre es beinahe wieder passiert. Der Kopfball von Robert Palikuca, den Marek Penksa auf der Linie klärte (16.), entstand aus einem Eckball - natürlich von rechts, natürlich von Anfang. Einige Minuten vorher musste sich Dynamos Torwart Oliver Herber mächtig strecken, um den direkt aufs Tor geschossenen 18-m-Freistoß zu parieren.
So könnten sie spielen:
Tor: Michael Melka
Abwehr: Fabian Hergesell, Jens Langeneke, Robert Palikuca, Hamza Cakir
Mittelfeld: Andreas Lambertz, Marco Christ, Markus Anfang, Henri Heeren
Sturm: Axel Lawarée, Ahmet Cebe
15 948 Zuschauer kamen im Schnitt zu den bisherigen drei Heimspielen der Fortuna. Damit ist der Fußball-Drittligist auch Führender der Zuschauertabelle in der Regionalliga. Allerdings dürfte sich das heute Abend nach dem Heimspiel gegen den SC Verl ändern. Bis gestern waren mehr als 6000 Karten abgesetzt, so dass die Verantwortlichen der Fortuna auf das Übertreffen der 10 000er-Grenze und eine ähnliche Kulisse wie am vergangenen Samstag gegen den Hamburger SV II (11 236) hoffen.