Hinten bärenstark, vorne treffsicher Wie Fortuna-Verteidiger Oberdorf momentan eine ganze Mannschaft trägt

Regensburg · Seit Wochen ist Abwehrspieler Tim Oberdorf in einer hervorragenden Form. Beim 3:0-Sieg in Regensburg dirigiert der 28-jährige Hagener aber nicht nur die neu zusammengewürfelte Defensive, sondern erzielt per Kopf auch den ganz wichtigen Führungstreffer.

Tim Oberdorf (l.), Torschütze zum 1:0, jubelt mit Joshua Quarshie.

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Nur wenige Sekundenbruchteile musste Tim Oberdorf überlegen, dann kam es – wenn auch hintenraus mit leicht fragendem Unterton – wie aus der Pistole geschossen. „Zu Hause gegen den SV Sandhausen, oder?“, antwortete der Innenverteidiger von Zweitligist Fortuna nach dem 3:0 beim SSV Jahn Regensburg auf die Frage, ob er sich noch daran erinnern könne, wann er sein bis dato letztes Tor erzielt habe. Und er lag richtig: Vor mehr als anderthalb Jahren hatte Oberdorf gegen den heutigen Drittligisten spät den Grundstein zum damaligen 2:0-Heimerfolg gelegt.

Auch im Duell mit dem SSV Jahn goss der 28-Jährige am Samstag das Fundament für den Sieg, diesmal allerdings schon deutlich eher. Kurz vor der Halbzeit köpfte er den Ball nach einer fantastischen Ecke von Isak Johannesson passgenau in den Winkel und hatte sogar das Jubeln noch nicht verlernt. „Ob man es mir jetzt glaubt oder nicht: Ich wusste tatsächlich schon noch, wie es sich anfühlt, ein Tor zu schießen“, sagte der nicht gerade als Goalgetter bekannte Innenverteidiger mit einem breiten Grinsen im Gesicht. „Ich habe mich natürlich gefreut, dass es jetzt endlich mal wieder so weit war. Es wurde auch Zeit.“

Die Lorbeeren wollte Oberdorf hinterher allerdings nicht alleine einheimsen, obwohl er es war, der sich für den ersten Saisontreffer nach einem Eckball maßgeblich verantwortlich zeigte. Stattdessen holte er den für Standardsituationen verantwortlichen Co-Trainer Manfred Stefes und Vorlagengeber Johannesson mit ins Boot. „Grundsätzlich geht ein solches Tor immer auch auf ,Manni’ zurück, weil er sich mit dem Trainerteam ständig etwas einfallen lässt, was in unsere Abläufe ein bisschen Variation reinbringt“, erläuterte der Verteidiger. „Und dann schlägt Isak den Ball einfach super rein.“

Wie genau er die Kugel am Ende im Netz untergebracht hatte, wusste Oberdorf, dem zu diesem Zeitpunkt noch keine Wiederholungen gezeigt worden waren, allerdings selbst gar nicht mal so genau. „Das hat wahrscheinlich jeder im Stadion besser gesehen als ich“, sagte er lachend. „Ich habe gar nicht genau mitbekommen, wie der Ball reingefallen ist, weil im Strafraum so viel los war. Aber offensichtlich hat er ganz gut gepasst.“

Tim Oberdorfs erstes Tor
seit eineinhalb Jahren

Das erste Tor des Innenverteidigers seit anderthalb Jahren stand hinterher aber nicht nur im Kontext der schwierigen Partie in Regensburg. Zwar bemerkte Oberdorf zurecht: „Wir wissen, dass wir nicht irgendwo hinfahren und der Gegner uns die Punkte schenkt. Deshalb hat uns das 1:0 kurz vor der Pause in die Karten gespielt.“ Der Treffer des gebürtigen Hageners stand auch im Kontext seiner persönlichen Entwicklung zum absoluten Leistungsträger und zur unverzichtbaren Säule des Tabellenführers. Es wirkte jüngst so, als würde Oberdorf die gesamte Mannschaft tragen – eigentlich primär defensiv, plötzlich aber auch noch offensiv. Dass die nach den Ausfällen von Andre Hoffmann (Gelbsperre), Valgeir Lunddal und Nicolas Gavory (jeweils muskuläre Probleme) völlig neu zusammengewürfelte Viererkette aus Emmanuel Iyoha, Jordy de Wijs, Joshua Quarshie und ihm durchaus beachtlich funktionierte, lag auch am 28-Jährigen.

Selbst wenn er seine Rolle in der für ihn typischen, zurückhaltenden Art nicht zu sehr aufbauschen wollte. „Diese Abwehrkonstellation gab es zwar noch nie, aber wir haben mit ,Emma’ schon rechts gespielt, und Jordy und ich zusammen auch schon innen. Einzig neu war, dass wir ,Josh’ links ein bisschen unterstützen mussten“, sagte Oberdorf.

Insgesamt mit dem gewünschten Erfolg, wie der Torschütze feststellte. „Zu Null gespielt, auswärts gewonnen – passt“, zählte er trocken auf. „Hintenraus konnten wir uns über das Verteidigen auch vorne wieder mehr Situationen erarbeiten. Und mit den beiden Roten Karten (gegen Leopold Wurm und Bryan Hein, Anm. d. Red.) haben wir es dann sehr souverän runtergespielt. Fußballerisch war es zwar nicht so schön, aber wir hatten es gegen den HSV ja genau andersherum: Da haben wir ein gutes Spiel gemacht, aber verloren. In Regensburg haben wir übers Arbeiten gewonnen.“

Nicht nur auf dem Platz, sondern auch vor den Aufnahmegeräten der Journalisten überzeugte Oberdorf also mal wieder. Kein Wunder, dass er die aktuelle Situation von Fortuna ebenfalls treffend einschätzte. „Wenn man 20 Punkte holt, und wir hatten ja auch Partien dabei, in denen wir gut gespielt haben, kann man schon sagen, dass wir verdient Tabellenführer sind“, erläuterte er.

„Trotzdem wissen wir natürlich, dass es eine Momentaufnahme ist und wir uns das gute Gefühl, als Spitzenreiter in unsere Spiele gehen zu dürfen, immer wieder neu erarbeiten müssen.“ Stimmt.