Geldverlust: Trostpflaster für Lehman-Opfer
Citibank bietet 27 Millionen Euro Entschädigung. Kulanzregelung mit Verbraucherzentrale ausgehandelt.
Düsseldorf. "Misstraue deiner Bank - das ist leider erste Kundenpflicht." So hatte Klaus Müller, Chef der Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen, noch im Oktober gewarnt.
Gerade mit Blick auf die Citibank. Die habe ihren Kunden durch Verkauf von mittlerweile wertlos gewordenen Zertifikaten der pleite gegangenen US-Bank Lehman Brothers "besonders übel mitgespielt".
Am Donnerstag nun sitzt Müller auf einem Podium im Düsseldorfer Hotel Nikko, Schulter an Schulter mit Franz Josef Nick, Vorstandschef der Citibank.
In einer gemeinsamen Pressekonferenz geben die beiden ein verlockend klingendes Angebot ab, ausgehandelt von den beiden ungleichen Partnern: Die Citibank will rund 27 Millionen Euro einsetzen, um Anleger zu entschädigen, die bei dem Institut Lehman-Zertifikate gezeichnet hatten.
Was sich nobel anhört, relativiert sich bei näherem Hinsehen. Zum einen wird die Kulanzlösung nur für ein Viertel der Lehman-Opfer gelten, die ihr Zertifikat bei der Citibank erworben hatten. Drei Viertel gehen leer aus. Und auch das eine Viertel bekommt nur einen Teil seines Schadens ersetzt: Nach einem Punktsystem zwischen 30 und 80 Prozent vom Kaufwert des Zertifikats.
Wie viele Citibank-Kunden Opfer wurden und wie hoch der Gesamtschaden ist, will Bankchef Nick nicht sagen. Es seien aber "deutlich unter 30 000". Mit dem Kulanzangebot sollen nun möglichst weitere Forderungen und auch Rechtsstreitigkeiten verhindert werden. Nach Nicks Angaben gibt es derzeit 140 bis 150 rechtshängige Klagen gegen die Citibank.
Klaus Müller wünscht sich auch eine entsprechende Initiative der Dresdner Bank. Der Chef der Verbraucherzentrale betont, dass es den Opfern auch im Fall der Citibank weiterhin frei stehe, ihren Schaden einzuklagen. Diejenigen, die ein entsprechendes Angebot annehmen, verzichten allerdings mit ihrer Unterschrift auf rechtliche Schritte.
Die Verbraucherzentrale will nun auf eine ursprünglich erwogene Strafanzeige gegen die Verantwortlichen der Citibank verzichten. Vom Tisch ist ein solcher Schritt damit aber noch längst nicht. "Nun werden wir selbst diese Strafanzeige vorbereiten", sagt Berthold Wimmer, der nach Bekanntwerden des Angebots zusammen mit etwa 50 anderen Geschädigten vor der Citibank in der Düsseldorfer Altstadt lautstark mit Trillerpfeifen, Tröten und Transparenten demonstriert.
"Es kann doch nicht sein, dass die Citibank mit einem solchen Angebot plötzlich eine weiße Weste hat", meint der Kölner, der 10 000 Euro - "das Erbe von meiner Mutter" - in den Sand gesetzt hatte. Für ihn sind die 27 Millionen Euro, die die Citibank zahlen will, bei weitem zu wenig: "Wir gehen von insgesamt 800 Millionen Euro Schadenssumme für die Lehman-Geschädigten aus." Wenn davon die Citibank geschätzte 70 bis 75 Prozent mit verantworte, seien das doch schon über 560 000 Millionen Euro. "Was die jetzt anbieten, ist doch gerade mal die Provision, die die Citibank kassiert hat."
Wimmer und seine Leidensgenossin Elfriede Alker kritisieren vor allem das Verfahren, in dem der Kompromiss nun gefunden wurde. Alker: "Wir fühlen uns verschaukelt, dass die Citibank die Sache allein mit der Verbraucherzentrale aushandelt und wir als Betroffene nicht beteiligt sind."
Die Citibank habe der Verbraucherzentrale die Bedingungen diktiert, glaubt die 66-Jährige, die noch heute vor Wut bebt, wenn sie ihre Geschichte erzählt: "Die 18 000 Euro, die ich im November 2007 angelegt hatte, sollten nach Auskunft des Beraters 100-Prozent-Kapital-gesichert sein. Allein der Zinssatz von 6,1Prozent könne ein wenig schwanken", hieß es damals. Und dann habe ihr der Berater noch ein Papier zur Unterschrift gegeben, dass sie das Zertifikat auf eigenen Wunsch haben wolle und dass er über das Risiko aufgeklärt habe. Sie unterschrieb, weil sie "an so etwas wie Festgeld" glaubte. Nun sind die 18 000 Euro weg.
Ob das Angebot der Citibank für sie in Frage kommt, weiß sie noch nicht. "Das muss jeder im Einzelfall prüfen", sagt auch Berthold Wimmer, dem klar ist, dass manch ein älterer Geschädigter "nicht die Kraft hat, noch einen Prozess durchzustehen und deshalb lieber den Spatz in der Hand als die Taube auf dem Dach nimmt".
Dennoch rät er allen Betroffenen, die Sache gut zu überlegen. Schließlich hat man für die Annahme des Angebots noch bis zum 31. Dezember dieses Jahres Zeit." Vielleicht gebe es bis dahin ja Gerichtsurteile, die die Situation der Geschädigten besser erscheinen lassen. Wer unsicher sei, solle sich mit der "Interessengemeinschaft der durch Lehman Brothers Zertifikate Geschädigten" in Verbindung setzen. Telefon 0177/8689749 oder unter