Griechen plündern ihre Konten

An den Märkten greift Panik um sich. Die EU bereitet sich darauf vor, ihren Notfallplan in Gang zu setzen.

Frankfurt. Wer rettet Griechenland? An den Märkten greift Panik um sich, selbst viele Griechen misstrauen ihrem Staat, plündern ihre Bankkonten und investieren das Geld lieber im Ausland.

Mancher Kommentator spricht schon vom "Zombie-Staat", der ein ähnliches Fanal anrichten könnte wie im Herbst 2008 die Pleite der US-Investmentbank Lehman Brothers. Zocker reiben sich die Hände und treiben die verunsicherte Euro-Staatengemeinschaft vor sich her. Verzweifelt versuchen Europas Institutionen, die Probleme des kleinen Mittelmeerlandes in den Griff zu bekommen. Bislang vergebens.

Immer lauter wird der Ruf nach Finanzhilfen: Vom Internationalen Währungsfonds (IWF) und den übrigen Euro-Staaten. Brüssel sitzt in den Startlöchern. "Wir sind bereit, einzugreifen, wenn die Griechen das wünschen", sagte EU-Ratspräsident Herman Van Rompuy der Zeitung "Le Monde". Die Staats- und Regierungschefs der Europäischen Union hatten Ende März vereinbart, Griechenland notfalls mit Finanzhilfen des IWF und der Euro-Staaten unter die Arme zu greifen.

Diese Hilfszusagen sollten die Risikoaufschläge auf griechische Staatsanleihen verringern, die von der Regierung in Athen inzwischen als "barbarisch" eingestuft werden. Die Hoffnung ist verpufft, die Märkte trauen den Versprechungen nicht. "Der Eingriff des IWF rückt schnell näher", sagt UniCredit-Chefvolkswirt Marco Annunziata voraus.

Europa dürfe nicht zu stolz sein, internationale Hilfe anzunehmen, mahnt der Gießener Ökonom Wolfgang Scherf. Doch Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) bekräftigt: "Grundsätzlich muss eine Währungsunion in der Lage sein, auftretende Probleme selbst zu lösen. Die Einbeziehung des IWF kann und darf nur die Ausnahme sein."

Sollten die Euro-Länder den Griechen finanziell aus der Klemme helfen (Bail-out), kämen nach Berechnungen der Citibank auf Deutschlands Steuerzahler Kreditkosten von bis zu 5,4 Milliarden Euro zu. Die Bundesregierung schweigt sich dazu aus. Viele Experten sind sich aber einig: Die Kosten einer Staatspleite Griechenlands wären für die Euro-Länder ungleich höher.

Die Talfahrt der Märkte - das ist spätestens seit der Lehman-Pleite klar - wäre nicht kalkulierbar. Es geht um mehr als ein Land, das mit knapp drei Prozent einen Anteil am Bruttoinlandsprodukt (BIP) der Euro-Zone hat, der in etwa so groß ist wie der Hessens. Es geht um die Stabilität des Euro und den Erhalt der Währungsunion. Fällt ein Land um, droht ein Dominoeffekt, zumal auch Länder wie Portugal, Italien, Irland und Spanien Schuldenberge angehäuft haben.

Die Krise ist aus Sicht von Volkswirten hausgemacht. Zu lange haben die Euro-Länder reihenweise über ihre Verhältnisse gelebt. "Als Instrument zur Durchsetzung von Haushaltsdisziplin war der Stabilitäts- und Wachstumspakt erschütternd unzureichend", meint Volkswirt Annunziata. Statt die Volkswirtschaften wie geplant einander anzunähern, seien sie auseinandergedriftet: "Griechenland hat sich als schwächstes Glied einer knarrenden Kette entpuppt."