Wendepunkt im Telekom-Streik
Vorstand startet Initiative zur Rückkehr an den Verhandlungstisch. Verdi prüft die Vorschläge gründlich.
<strong>Bonn/Berlin. Noch zieren sich beide Seiten etwas, aber im Telekom-Streik zeichnet sich ein Wendepunkt ab. Der neue Telekom-Personalvorstand Thomas Sattelberger hat der Gewerkschaft Verdi am Mittwoch neue Überlegungen zur Lösung des Tarifkonflikts vorgestellt. V erdi-Verhandlungsführer Lothar Schröder kündigte an, die Vorschläge der Telekom, sobald alle Details vorliegen, gründlich zu prüfen und zügig zu bewerten. Zuvor hatte bereits sein Chef, Frank Bsirske, Einlenken signalisiert. Der Streik dauert jetzt bereits vier Wochen. "Wir müssen so schnell wie möglich wieder an den Verhandlungstisch", sagte Sattelberger bei der Vorstellung seines Angebots. Der Personalchef sieht die neue T-Service als "Chancen- und Risikogemeinschaft". Seinen Plänen zufolge sollen Mitarbeiter in den Servicegesellschaften, die einen Verzicht leisten, stärker als bisher am Erfolg des Unternehmens beteiligt werden. Der variable Anteil der Gehälter könne auf 20 Prozent ausgeweitet werden. Konkret bedeute dies: Wenn 2010 die gemessene Kundenzufriedenheit einen festgelegten Wert erreiche, soll ein Bonus ausgezahlt werden, und zwar "ein hoher zweistelliger Millionenbetrag" als Gesamtsumme. Dabei würden die erfolgsabhängigen Komponenten so ausgestaltet, dass die Mitarbeiter sie auch erreichen können.
Als zweiten Baustein schlägt Sattelberger einen Investitionspakt für mehr Service-Kultur vor. Zusätzlich zu den "Standard-Schulungen" werde das Qualifizierungsangebot ausgebaut, um den Mitarbeitern "Service-Karrieren" zu ermöglichen.
"Unser Streik hat offenbar das Nachdenken bei der Telekom beflügelt", meinte Verdi-Vorstand Schröder, der auch im Telekom-Aufsichtsrat sitzt. Die Ideenskizze der Telekom enthalte allerdings "hochproblematische" Bestandteile. Verdi wehre sich nach wie vor gegen Eingriffe in die Löhne der Beschäftigten, auch wenn die Telekom versuche, dies mit einer Erfolgsbeteiligung schmackhaft zu machen.
Die Telekom zeige sich in allen Punkten verhandlungsbereit, merkte Verdi als positiv an. Zunächst wurde jedoch der Streik mit unvermindert großer Beteiligung fortgesetzt. Rund 15 000 Beschäftigte seien bundesweit auch gestern wieder dem Streikaufruf gefolgt, hieß es bei Verdi. In NRW blieben 2400 Beschäftigte der Arbeit fern.
Brocken-Tag Etwa 1000 Beschäftigte der Telekom wollen am Donnerstag auf den Brocken im Harz marschieren. Niedersächsische Telekom-Mitarbeiter wollen ihren Brocken-Aufstieg in Torfhaus starten, Streikende aus Sachsen-Anhalt und Thüringen in Schierke. Die Aktion stehe unter dem Motto "Obermann treibt uns auf die Spitze", teilte Verdi mit. Sie richtet sich gegen Pläne von Telekom-Chef René Obermann, zum 1. Juli bundesweit 50 000 Beschäftigte in Servicegesellschaften auszugliedern, wo sie für weniger Geld länger arbeiten sollen.
Flaschenpost Eine Flaschenpost aus Konstanz soll am Donnerstag in Bonn aus dem Rhein gefischt und dem Telekom-Vorstand zugestellt werden. Der alte Vater Rhein, der die Botschaft persönlich bis nach Bonn beförderte, habe sich laut Verdi inzwischen mit den Streikenden solidarisiert. Ob Chef Obermann die Nachricht selbst in Empfang nehmen wird, blieb gestern offen.