Debatte über Peking-Schau - Politiker sind uneins
Berlin (dpa) - Auch knapp einen Monat nach Eröffnung der deutschen Schau zur „Kunst der Aufklärung“ in Peking reißt in Deutschland die Diskussion über die Kulturbeziehungen zu China nicht ab. Bundestagspräsident Norbert Lammert (CDU) forderte am Freitag eine öffentliche Debatte über einen vorzeitigen Abbruch der Ausstellung.
Dies könnte ein Zeichen des Protests gegen die Verschleppung des regimekritischen Künstlers Ai Weiwei am 3. April sein. Bundesaußenminister Guido Westerwelle (FDP) sprach sich erneut gegen ein vorzeitiges Ende der Schau von drei deutschen Museen aus, forderte aber die Freilassung von Ai Weiwei bei einer Präsentation seiner Werke in Berlin. „Wir haben gegenüber den chinesischen Behörden unzweideutig zum Ausdruck gebracht, dass die Festsetzung von Ai Weiwei beendet werden muss und dass die Vorfälle insgesamt aufgeklärt werden“, sagte der Minister in der Galerie Neugerriemschneider. „Die Freiheit der Kunst ist ein unschätzbares Gut, das muss verteidigt werden.“
Ursprünglich sollte auch der 53-jährige Künstler zur Eröffnung nach Berlin gekommen. Er wurde am 3. April auf dem Flughafen von Peking festgenommen, nur zwei Tage nach Eröffnung der deutschen Ausstellung „Kunst der Aufklärung“ im Nationalmuseum. Seitdem gibt es keine Informationen über seinen Verbleib. Die deutsche Ausstellung wird mit 6,6 Millionen Euro vom Bund finanziert.
Vor der Berliner Galerie forderten Mitglieder der Menschenrechtsorganisation amnesty international Aufklärung über das Schicksal Ais. „Wo ist Ai Weiwei?“, hieß es auf einem Transparent. Berlins Regierender Bürgermeister Klaus Wowereit (SPD) sagte, mit seiner Teilnahme an der Vernissage wolle er chinesischen Behörden zeigen, dass ein solcher Umgang mit Künstlern nicht hingenommen werde.
In der Ausstellung werden zwei Installationen gezeigt, die in chinesischer Handwerkstradition gefertigt wurden: Die Porzellanarbeiten „Rock“ und die Holzskulptur „Tree“. In der Ausstellung durfte nicht fotografiert werden.
Man dürfe die Option einer vorzeitigen Schließung der Schau im Pekinger Nationalmuseum nicht von vornherein ausschließen, sagte Lammert im RBB-Inforadio. Die Festnahme Ais nur zwei Tage nach Eröffnung der Ausstellung sei eine „demonstrative Brüskierung“ der Initiatoren gewesen. Damit werde auch der Aufklärungsgedanke der Ausstellung konterkariert.
Wie zuvor Kulturstaatsminister Bernd Neumann (CDU) kritisierte auch Lammert die Museumsdirektoren aus Berlin, München und Dresden als Initiatoren der Pekinger Ausstellung. Er habe die Sorge, dass es entweder „ein hohes Maß an Naivität“ gegeben habe oder dass die chinesischen Verantwortlichen „nicht belastbare Zusagen“ gegeben hätten, von denen sie sich nun „in einer bedenklichen Weise freimachen“.
Die CDU-Kulturexpertin Monika Grütters sprach sich für eine Fortsetzung aus. Die Verschleppung Ais sei zwar eine Provokation gewesen, sagte die Vorsitzende des Bundestagskulturausschusses. „Eine Schließung würde aber keinen chinesischen Funktionär beeindrucken und nicht zur Freilassung von Ai Weiwei führen, sondern vor allem das deutsche Gewissen beruhigen“, sagte sie.
Der PEN Deutschland und das unabhängige chinesische PEN-Zentrum warnten vor einer weiteren Kulturkooperation mit China. Die vom inhaftierten Regimekritiker Liu Xiaobo mitverfasste „charta 08“ sei aber als Dokument moderner chinesischer Aufklärung angemessener als die historische Schau aus Deutschland.