Meinung Abtreibungsdebatte: Attacke auf Frauenrechte

Die neue Bundesregierung ist gerade mal wenige Tage im Amt, da bringen sich Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) mit seiner unsensiblen Islam-Äußerung und Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) plakativ gegen die Kanzlerin in Stellung, um das verwässerte Profil der Union zu schärfen.

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Dabei verwechseln sie offenbar die Begriffe konservativ, was das ehrbare Ziel einschließt, Gutes bewahren zu wollen, mit hoffnungslos reaktionär. In beiden Fällen bedienen sie sich jeweils Deutschlands größtem Boulevard-Lautsprecher als dankbarem Multiplikator für populistische Stimmungsmache aller Art.

Hatten bei Seehofer dabei die Muslime das Nachsehen, trägt Spahn seinen rechtskonservativen Feldzug nun auf dem Rücken von Frauen aus, die 44 Jahre nach der Reform des Paragrafen 218 immer mal wieder um ihr Recht auf körperliche Selbstbestimmung bangen müssen. So blockiert die Union im Namen des „ungeborenen Lebens“ den längst überfälligen Vorstoß der SPD, das Werbeverbot für Schwangerschaftsabbrüche zu kippen. Mitnichten geht es dabei um „Werbung“ für einen solchen Eingriff, sondern um die Möglichkeit von Frauen, sich im Falle einer ungewollten Schwangerschaft frei von den weltanschaulichen Bestrebungen anderer sachlich über ihre medizinischen Möglichkeiten informieren zu können. Verfechter dieses Anspruchs pauschal mit militanten Tierschützern zu vergleichen, wie Spahn es tut, ist zynisch und entbehrt jeder Grundlage.

Mit einer legendären Kampagne hatten 1971 prominente Frauen auf dem Titel des „Stern“ sich unter der Schlagzeile „Wir haben abgetrieben!“ ablichten lassen. Die juristische Schlacht gegen die Strafverfolgung eines Schwangerschaftsabbruchs mögen diese mutigen Frauen gewonnen haben — durch die Fristenlösung. Der Kampf gegen die gesellschaftliche Ächtung von Frauen, die sich — in einer Notlage aus welchen Gründen auch immer — für eine Abtreibung entschieden haben, geht leider weiter.