Meinung Die Bahn auf dem Abstellgleis
Meinung · Bahnreisende werden ab 2019 noch häufiger als üblich mit Verspätungen leben müssen. Die Bauarbeiten dauern bis 2023, sie bringen auch den Nah- und Güterverkehr durcheinander.
Was schrecklich klingt, ist im Kern eine gute Nachricht: Die Bahn investiert, zentrale Strecken werden grundlegend saniert. Endlich. Statt Unsummen in Prestigeobjekte wie Stuttgart 21 zu stecken, sollte der Staatsbetrieb konsequent das vorhandene Netz auf Vordermann bringen. Der neue Stuttgarter Hauptbahnhof kostet inzwischen 8,2 statt fünf Milliarden, statt 2021 soll er 2025 fertig sein. Vielleicht.
Wie desolat die Lage bei der Bahn ist, hat vor wenigen Wochen ein Brandbrief von Konzernchef Richard Lutz an seine Führungskräfte offengelegt. Es fehle an „Wirtschaftlichkeit, Qualität und Pünktlichkeit“. Lutz stellt sich und seiner Mannschaft ein verheerendes Zeugnis aus. Eigentlich hätte ein Aufschrei durch die Republik gehen müssen. Immerhin fährt hier ein Staatsbetrieb, dessen Leistungsfähigkeit für das Miteinander der Menschen in diesem Land von zentraler Bedeutung ist, fast vor die Wand. Aber die Personalie Hans-Georg Maaßen war wichtiger.
Was die Bahn neben einem besseren Management vor allem braucht, ist eine Pro-Schiene-Politik. Wer mit dem Auto zum Büro oder zur Fabrik fährt, kann für jeden Kilometer der einfachen Strecke 30 Cent von der Steuer absetzen. Auch 10 000 Euro winkt der Fiskus durch. Bei der Bahn ist die Pendlerpauschale bei 4500 Euro im Jahr gedeckelt. Dieselkraftstoff wird mit acht Milliarden Euro im Jahr subventioniert. Fluglinien zahlen keine Kerosinsteuer. Nachdem über Jahrzehnte hinweg auf Verschleiß gefahren wurde, braucht die Bahn Geld, viel Geld. Gleise, Züge und Bahnhöfe müssen fit gemacht werden, um Personen und Güter pünktlich und sicher zu befördern. Denn die Straße kann den wachsenden Verkehr nicht bewältigen.