Bundestagswahl: Kanzlerkandidaten-Dämmerung

Schwarz-Rot oder Schwarz-Gelb - darum geht es im Kern bei der Bundestagswahl in zweieinhalb Monaten. Das heißt allerdings auch: Dass Frank-Walter Steinmeier Bundeskanzler wird, ist in etwa so wahrscheinlich wie Schneefall heute im Rheinland.

Das überaus bescheidene Wahlziel für die SPD ist diesmal die bloße Regierungsbeteiligung als Juniorpartner unter Angela Merkel. Die Ausgangslage ist so trübe, dass sich die SPD-Wahlkämpfer nur schwer motivieren und die (früheren) SPD-Stammwähler kaum mobilisieren lassen - was die Lage prompt noch weiter eintrübt. Ein Teufelskreis.

Wenn es nur die katastrophalen Umfragewerte wären! 2005 sah es ja schon einmal sehr schlecht für die SPD aus; trotzdem gelang es ihr, schnell einen großen Abstand zur Union aufzuholen. Doch diesmal ist alles anders: Es gibt keine Angela Merkel, die die Mehrwertsteuer erhöhen will. Es gibt keinen "Professor aus Heidelberg", der die Menschen mit seinen vermeintlich unsozialen Plänen schockt. Und vor allem gibt es keinen Bundeskanzler Gerhard Schröder, der bereit ist, Risiken einzugehen.

Steinmeier ist kein Kanzler, sondern nur Kandidat - und nicht einmal diese Rolle kann er so ausfüllen, wie er es eigentlich müsste, weil ihm die Hände gebunden sind. Fordert er die Amtsinhaberin knallhart heraus, dann stellt er automatisch immer auch die eigene Politik als Mitglied der Großen Koalition in Frage und verspielt seinen Nimbus als souveräner, diplomatischer, über den Dingen stehender Außenminister.

Die einzige Chance, sich von diesen Fesseln zu befreien, hat Steinmeier verstreichen lassen: Wenn die SPD in der letzten Sitzungswoche des Bundestages mit Teilen der Opposition für eine Änderung des verfassungswidrigen Wahlrechts gestimmt hätte, wäre die Koalition geplatzt. Das hätte der SPD neuen Schwung verleihen können. Wenn das Wörtchen "wenn" nicht wär’...

Aber die Hoffnung stirbtbekanntlich zuletzt. Auch wenn das nur ein paar Prozentpünktchen bringt, hat der Störfall im Atomkraftwerk Krümmel der SPD ein passables Wahlkampfthema beschert. Und mit CSU-Chef Horst Seehofer gibt es jemanden innerhalb der Union, der immer wieder für politische Störfälle sorgt. Vielleicht reicht es ja für Schwarz-Rot. Mehr ist nicht drin.