Champions-League-Finale: Ein bisschen Stolz muss erlaubt sein
Bayern und Dortmund faszinieren die (Fußball-)Welt.
Ob Bastian Schweinsteiger am Freitag wohl seine Suppe unfallfrei gelöffelt hat? Welches Tuch trägt die Freundin von Mats Hummels auf der Tribüne? Hat Uli Hoeneß mit den Fans gesprochen — oder ihnen doch nur zugewunken? Wir werden das alles erfahren, die Nachrichtenflut zum Spiel der Spiele am Samstagabend im Londoner Wembleystadion überschwemmt die Republik in einem unbegrenzten Ausmaß.
Noch nie wurde so viel gesendet, geschrieben und in sozialen Netzwerken wie Facebook oder Twitter vermeldet wie vor diesem deutschen Finale zwischen Borussia Dortmund und dem FC Bayern München. Was interessiert, wird bedient — womit die Frage nach Aufwand und Nutzen auch schon beantwortet ist.
Wer fragt, warum das öffentlich-rechtliche Fernsehen am Donnerstag die Abstiegsrelegation der Männer in Hoffenheim statt des Champions-League-Siegs der Fußball-Frauen des VfL Wolfsburg gezeigt hat, muss anerkennen: Weil das Interesse an dem einen weit größer ist als an dem anderen.
Der Profi-Fußball der Männer bestimmt seit Jahren als Alleinstellungsmerkmal die Sport- und Fernsehszene. Der von allen Seiten betriebene Wahnsinn um das heutige Endspiel von Wembley ist in seiner Gigantomanie kaum noch zu überbieten. Das ZDF darf mit einem Einschalt-Rekord mit einer Quote von etwa 30 Millionen Zuschauern rechnen. Berechtigterweise?
Immerhin hat es noch nie zwei deutsche Fußball-Vereine gegeben, die im Finale des wichtigsten europäischen Clubwettbewerbs aufeinandertreffen. Das darf man getrost als ein hierzulande identitätsstiftendes Spiel bezeichnen, dessen Wirkung längst die Grenzen des Fußballs überschritten hat. Etwa in Italien, Frankreich oder auch in England treibt viel weniger das Spiel, als das Interesse um die Frage an: „Wie machen die Deutschen das nur?“
„Das teutonische Modell lehrt uns Dinge, auf die wir hören sollten“, schreibt ein Kommentator im englischen „Independent“. Es ist für uns Deutsche an der Zeit, Zeilen wie diese richtig einzuordnen. Sie zu überprüfen. Und vor allem das Spiel zu genießen.
Und uns am Ende dieses Abends der Welt als ein guter Gewinner zu präsentieren. In Demut und Bescheidenheit. Und mit ein bisschen Stolz auf diese beiden tollen Mannschaften.