Corona-Krisentreffen im Kanzleramt In der Schwebe
Meinung | Berlin · Immer mehr Corona-Infizierte bei gleichzeitig bröckelndem Vertrauen in die Sinnhaftigkeit bestimmter Maßnahmen zur Eindämmung der Pandemie. Das ist die gegenwärtige Lage.
Wenn die Menschen allerdings nicht mitziehen, wird sich die Seuche noch deutlich stärker ausbreiten. Diese Dramatik hat zumindest Angela Merkel voll erkannt. In der Konsequenz werden sich die Bürger in nächster Zeit wohl noch auf stärkere Einschränkungen gefasst machen müssen: Erweiterte Sperrstunden, Ausweitung der Maskenpflicht, weniger persönliche Kontakte. Und das zum Teil wohl schon bei einer Schwelle unterhalb von 50 Neuinfizierten pro 100 000 Einwohner. Die Frage bleibt allerdings, ob die Bundesländer dabei wirklich an einem Strang ziehen werden. Nur dadurch kann auch die nötige Akzeptanz entstehen, die für die Durchsetzung neuer Zumutungen so wichtig ist. Beim Krisentreffen gestern im Kanzleramt zeichnete sich bis zum Abend noch kein klares Bild dazu ab. Die Zweifel bleiben.
Besonders ärgerlich ist das beim zuletzt hitzig debattierten Beherbergungsverbot. Hier waren die Fronten verhärtet, obwohl viele auf mehr Einheitlichkeit gehofft hatten. Als Feigenblatt könnte nun der Appell an die Bürger in Corona-Hotspots dienen, auf Reisen im Inland zu verzichten. Das ist wegen der angespannten Infektionslage zwar nicht prinzipiell falsch, löst aber nicht das Problem. Denn die nächsten Schulferien kommen bestimmt. Und dann werden wieder viele Familien vor der Herausforderung stehen, wo sie überhaupt noch willkommen sind und welche Hürden sie in welchem Bundesland für einen Urlaub nehmen müssen. Für Reiserückkehrer aus ausländischen Corona-Hotspots winkt dagegen sehr wohl eine bundesweit geltende Regelung bei Wiedereinreise. Eine sehr restriktive zwar, aber sie ist wenigstens klar und einheitlich. Was den Auslands- vom Inlandsreisenden so fundamental unterscheidet, begreift kein Mensch.Ein großer Wurf sollte das Treffen im Kanzleramt werden, eine Begegnung von „historischer Dimension“. Der Beweis dafür muss tatsächlich noch erbracht werden.