Kommentar Darum dürfen wir auf das Grundgesetz stolz sein

Meinung | Wuppertal · Wenn es einen Grund gibt, stolz auf Deutschsein zu sein, dann ist es das Grundgesetz. Ein Kommentar.

Foto: dpa/Hendrik Schmidt

Vor genau 75 Jahren ist das Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland erlassen worden. Beschlossen hatte es der Parlamentarische Rat am 8. Mai 1949, exakt vier Jahre nach der Kapitulation Deutschlands und dem Ende des Zweiten Weltkriegs in Europa. Genau in diesem Geist haben es die Mitglieder des Rates auch konzipiert. Die Würde des Menschen ist für unantastbar erklärt worden, weil in deutschem Namen Menschen entwürdigt, gedemütigt und wegen ihrer Herkunft, ihres Glaubens oder ihrer politischen Haltung ermordet worden waren. Die Würde des Menschen ist unantastbar. Wie zentral dieser Satz ist, zeigt heute auch, aber nicht nur in Deutschland die politische Debatte. Das Grundgesetz ist deren Kompass.

In Zeiten, in denen Autokratien als stabile Staatsmodelle Demokratien abzulösen scheinen, kann es hilfreich sein, sich der eigenen Stärken zu besinnen. Nationalismus gehört dazu nicht. Es gibt keinen Grund, stolz auf eine Nationalität zu sein, in die der Bürger oder die Bürgerin ohne eigenes Zutun hineingeboren worden ist. Es ist purer Zufall, ob jemand nach dem Krieg beispielsweise diesseits oder jenseits des Eisernen Vorhangs zur Welt kam. Aber es hat sein Leben dramatisch beeinflusst. Die Frage etwa, warum sich in den Ostländern Deutschlands politisch vieles anders und schlechter bewegt, hat in der Antwort auch damit zu tun, dass die Ostdeutschen den Zweiten Weltkrieg 40 Jahre länger verloren haben als die Westdeutschen. Das Grundgesetz, das es heute zu feiern gilt, und die darin verankerte Gleichberechtigung, Meinungs- und Versammlungsfreiheit hat es in der DDR so nicht gegeben. Sie ist der Bundesrepublik Deutschland von den Westalliierten und vom Parlamentarischen Rat in die Wiege gelegt worden.

Wenn es einen Grund gibt, stolz auf Deutschsein zu sein, dann ist es dieses Grundgesetz, dann ist es die schriftlich fixierte Erkenntnis, dass aus Nationalismus und Autokratie nur Tod und Verderben entstehen. Deshalb ist Nationalstolz zumeist negativ konnotiert. Aber Deutschland verfügt über ein Grundgesetz, das berechtigt ist, Verfassungspatriotismus zu stiften.