Meinung Das Problem liegt in Dortmund, nicht in Leipzig
Der Leipziger Theaterintendant Jürgen Zielinski (Junge Welt) hat am Montag Hans-Joachim Watzke, Geschäftsführer von Borussia Dortmund, zum Rücktritt aufgefordert. Zielinski verurteilte als BVB-Anhänger und langjähriger Dauerkarteninhaber die Taten des Samstags als „zutiefst verabscheuungswürdig“ und „schlicht kriminell“ und sagte via Facebook: „Es wirft auch Fragen in Richtung Geschäftsführer Watzke auf, den ich als tatbefördernden Brandstifter bezeichnen möchte und somit zum Rücktritt auffordere!
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Das mag nicht die erste Reaktion sein, auf die man kommt, wenn entrückte Ultras voller Hass mit Pflastersteinen und Mülleimern Jagd machen auf Leipziger Anhänger, gleich ob Männer, Frauen oder Kinder. Gleichwohl geht die Reaktion in die richtige Richtung: Borussia Dortmunds Verantwortungsträger haben zahlreich durch öffentliche Kommentare voller Häme und tiefer Abneigung gegen das Konstrukt RB Leipzig gewettert und auf diese Weise den geistigen Nährboden gelegt. Der BVB hat sich als selbst ernannter Traditionsverein mit dem Motto „Echte Liebe“ in dieser Kritik sogar als Antipode exponiert — in dem Wissen, selbst längst alle Eigenschaften eines extrem kapitalorientierten Vereins zu leben, der sogar als einziger der Liga börsennotiert ist. Und in Kenntnis dessen, dass Leipziger Anhänger seit jeher zahlreich verunglimpft worden sind. Wer diese Haltung vorlebt, hat die Verantwortung nicht erkannt, die es in einem Verein braucht, in dem Fußball zum Lebensinhalt vieler Dortmunder geworden ist.
Was immer einem Fan an dem Konstrukt RB Leipzig auch zu Recht missfällt: Es gibt einem niemals das Recht, dagegen auf kriminelle Weise anzugehen. Es ist ein Skandal, dass der BVB gegen die Banner auf der Südtribüne voll von Gewaltaufrufen, auf denen unter anderem Leipzigs Sportdirektor Rangnick zum Selbstmord aufgefordert worden ist, nicht vorging. Das hätten sie per Hausrecht gekonnt. Wenn ein Verein wie der BVB bekannt rechtsgerichteten Hooligans seit Jahren nicht Herr wird, hat er eine besondere Verantwortung für Besonnenheit im Vorfeld und striktes Vorgehen am Spieltag. Und: Die Diskussionen, dass Polizeieinsätze bei Fußballspielen von außerordentlicher Bedrohungslage künftig vermehrt auch von Vereinen mitgetragen werden sollen, fällt nicht vom Himmel. Das Spiel vom Samstag mitsamt seiner Vorgeschichte ist ein gutes Argument für eben jene These.