Meinung Ditib im Umbruch
Die Ditib steht unter Druck und sie kritisch in die Mangel zu nehmen, gehört mittlerweile zum guten Ton. Dazu hat der Dachverband von fast tausend Moscheevereinen in Deutschland zum Großteil selbst beigetragen.
Aber trotzdem darf es nicht dazu kommen, dass die Empörung über das Vorgehen des türkischen Präsidenten Erdogan, eine aufgeheizte Islamdebatte und das unerträgliche Spitzelgebaren einiger obereifriger Imame am Ende die Falschen trifft.
Denn die Ditib ist nicht nur ein Dachverband mit noch undurchschaubaren Strukturen und Einflussnahmen. Die Ditib, das sind auch die Kollegen am Arbeitsplatz und der friedliche Moscheeverein in der Nachbarschaft. Die Finanzierung und Einsetzung der Imame aus der Türkei ist schon seit Jahren ein Kritikpunkt. Aber wer sich vor Ort um Kontakte zu Muslimen bemüht hat, ist nicht nur bei den Ditib-Vereinen selbst, sondern durchaus auch bei diesen des Deutschen leider zu selten mächtigen Imamen auf offene Türen, Gastfreundschaft und die Bereitschaft zum interreligiösen Dialog gestoßen.
Durch das derzeitige Feuerwerk an beinahe täglich geäußerten Erwartungen und Ultimaten gewinnt eine wachsende Zahl von Türken an der Basis der Vereine den Eindruck, das jahrzehntelange friedliche Zusammenleben zähle plötzlich gar nichts mehr. Dieser Eindruck aber ist nicht nur schädlich für das ohnehin schon an vielen Stellen vergiftete gesellschaftliche Klima. Er könnte zudem die Wagenburgmentalität der Ditib noch befördern.
Dabei ist längst im Verband selbst ein Generationenkonflikt im Gang, der durchaus eine Modernisierung zum Ergebnis haben könnte. Doch das braucht Zeit, Geduld und auf deutscher Seite die Bereitschaft, nicht alle Brücken abzubrechen. Wer sich den Mühen der Einzelfallprüfungen nicht unterziehen will, sondern für den großen Handstreich plädiert, hat mit einem Handstreich gleich auch den nächsten Brennpunkt vor der Haustür.