Kommentar Der HSV ist ein unfassbarer Verein
Meinung · Es ist eine überraschende, aber durchaus konsequente Entscheidung des HSV-Aufsichtsrates, nach dem Trainer auch den Sportvorstand zu entlassen.
Am gescheiterten Aufstieg ist der junge Trainer Hannes Wolf nämlich nicht alleine schuld, Ralf Becker ist dafür mindestens in gleicher Weise verantwortlich. Letztlich sogar noch stärker, weil er Christian Titz abgesägt und Hannes Wolf als Aufstiegstrainer verpflichtet hatte. Weil der das vermeintlich besser kann. Das ging bekanntlich schief. „Das gesamte sportliche System ist in der Rückrunde kollabiert“, hatte Vereinsvorstand Bernd Hoffmann nach dem Nicht-Aufstieg analysiert. Und für das sportliche System trägt der Sportvorstand Ralf Becker nun einmal die Verantwortung.
Dass er dem zuletzt erfolglosen Trainer drei Tage vor dem entscheidenden Spiel mitgeteilt hatte, dass er „vielleicht“ gehen müsse, war zumindest nach dem Scheitern der Aufstiegsmission ein dicker Fehler, denn faktisch schickte der HSV damit einen schwer angeschlagenen Trainer nach Paderborn, wo 1:4 verloren und die Chance auf den Aufstieg verspielt wurde. Insofern ist die Entlassung von Ralf Becker nachvollziehbar, seinen Schützling Hannes Wolf hatte er selbst eine Woche zuvor rausgeschmissen.
Aber der HSV wäre nicht der HSV, wenn sie die Becker-Entlassung glatt hinbekommen hätten. Seit Montag hatte der Aufsichtsrat den Daumen gesenkt, das wusste auch Bernd Hoffmann. Aber seit Montag ließ er den ahnungslosen Ralf Becker auf Trainersuche gehen. Und offenbar sogar mit Erfolg, jedenfalls gab es gestern verdichtete Informationen, dass Becker am Freitagmorgen mit Dieter Hecking fast handelseinig geworden war. Der muss doch – wie wir alle – jetzt völlig fassungslos sein, dass der HSV ihn mit einem Sportvorstand verhandeln lässt, der schon bei den Verhandlungen nicht mehr im Dienst war, was der aber selbst nicht wusste. Unfassbar.
„Haben die beim HSV noch alle Taschen im Schrank?“, fragte Freitagabend ein Kollege. Es war eine rhetorische Frage.
Die Führung dieses Vereins ist noch schlechter als die Mannschaft – längst nicht mal mehr zweitligareif.