Meinung Die Flüchtlinge und das Umfragetief der Union

Nur noch 36 Prozent der Wahlberechtigten würden der Union ihre Stimme geben, wenn am nächsten Sonntag Bundestagswahl wäre. Na und? Bis zum nächsten bundesweiten Urnengang dauert es noch zwei Jahre.

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Und nach allen demoskopischen Erfahrungen ist es auch nicht so ungewöhnlich, wenn die führende Regierungspartei zur Halbzeit der Legislaturperiode deutlich schlechter da steht als bei ihrem letzten zentralen Wahlerfolg. Das Außergewöhnliche war eher, dass der Höhenrausch für Angela Merkel fast schon einer Dauerwerbesendung glich.

Es gärt in der Union wegen der Flüchtlingspolitik. Und prompt werden Spekulationen laut, die Kanzlerinnen-Tage Merkels könnten gezählt sein. Doch das ist Unsinn. CDU und CSU haben kein besseres Zugpferd. Was bei den jüngsten Umfragewerten wirklich zu denken gibt: Die SPD profitiert nicht von der Schwäche der Union. Die Sozialdemokraten wirken deutlich unterhalb der 30-Prozent-Schwelle wie festgeklebt.

Und das hat ebenfalls mit der Flüchtlingspolitik zu tun. Man wüsste schon gern, wie die Genossen mit den vielen Asylsuchenden umgehen möchte. Doch die SPD weiß nur, was sie nicht will. Transitzonen zum Beispiel. Niemand behauptet, dass sich alle Schwierigkeiten dadurch in Wohlgefallen auflösen würden. Aber von „Massengefängnissen“ zu reden, wie man es in der SPD tut, geht genauso an der Wirklichkeit vorbei. Was ist daran so schlimm, wenn über Asylbegehren schon an den deutschen Grenzen befunden würde? Die große Zahl an Neuankömmlingen für die zum Teil jetzt schon überlasteten Kommunen könnte dadurch zumindest etwas abgemildert werden. Manche in der SPD denken genauso, wenn sie nun von „Reisezonen“ statt Transitzonen reden.

Das erinnert ein bisschen an die Debatte um den Mindestlohn. Den wollte die Union lange Zeit nicht. Schließlich sprach sie verdruckst von „Lohnuntergrenzen“. Gekommen ist der Mindestlohn trotzdem. Genauso wird es auch bei den Transitzonen kommen. Die Union, insbesondere die CSU, ist demnach die treibende politische Kraft in der Flüchtlingspolitik. Und das ist auch Merkels Pfund. Sie ist flexibel genug, um zu wissen, dass humanitäre Gesten zwar die Herzen wärmen, aber der Verstand Signale braucht, um Zuwanderung zu begrenzen. Aktuelle Meinungsumfragen sind da lediglich Momentaufnahmen.