Meinung In der Flüchtlingsfrage verliert Merkel Rückhalt
Angela Merkel schweigt. Und das in einer Zeit, in der sich solche dramatischen Ereignisse wie in der Silvesternacht in Köln abspielen können. In der viele Kommunen und ihre ehrenamtlichen Helfer bei der Unterbringung und Betreuung von Flüchtlingen Großartiges leisten, aber an Belastungsgrenzen stoßen.
In der immer deutlicher zutage tritt, welche gewaltigen Aufgaben das Land bei der Integration von Flüchtlingen vor sich hat. Die Kanzlerin, die sich so deutlich in der Flüchtlingsfrage mit „Wir schaffen das“ positioniert hat, die fast schon ihr politisches Schicksal damit verknüpft hat, lässt mit ihrem Schweigen viel Raum. Gefährlich viel Raum.
Denn dieser Raum bietet Platz für Mutmaßungen und Vorurteile, für Hass und Hysterie. Wir erleben, dass ein Schwimmbad aus Angst vor Übergriffen männliche Flüchtling ausschließt, dass Karnevalsumzüge infrage gestellt werden. Es führt dazu, dass sich Bürger mit Kleinwaffenscheinen und Pfefferspray gegen eine mögliche Bedrohung durch Flüchtlinge wappnen. Weil sie nach den Vorfällen von Köln nicht mehr daran glauben, dass der Staat sie schützen kann. Es führt dazu, dass hilfsbedürftige Flüchtlinge bangen müssen. Merkel überlässt mit ihrem Schweigen anderen die Deutungshoheit. Parteien wie die AfD erleben einen enormen Zulauf.
Die Kanzlerin muss den Bürgern Antworten geben. Darauf, wie Integration gelingen kann. Darauf, wie der Staat Sicherheit garantieren kann, wo Menschen ohne Kontrolle ins Land kommen können. Sie muss deutlich machen, dass sie die Bürger ernst nimmt. Dass nicht alle, die glauben, dass Deutschland mit der hohen Zahl der Flüchtlinge überfordert sein könnte, am rechten Rand stehen.
Viele Wähler haben das Vertrauen in die Kanzlerin verloren. Nicht nur Horst Seehofer und die CSU stellen sich quer. Es grummelt auch an der CDU-Basis gewaltig. Die Geschlossenheit, die vom CDU-Parteitag ausging, ist dahin. Merkels Schweigen deutet darauf hin, dass sie weiß, dass sie sich wird korrigieren müssen. Weil sie nicht die Zeit hat, auf europäische Lösungen zu warten oder darauf, dass die Fluchtgründe wegfallen. Auch, weil am 13. März gleich drei Landtagswahlen anstehen.
Deutschland hat sich verändert. Es ist ein Klima entstanden, in dem sachliche Diskussionen kaum noch möglich sind. Genau das ist aber bitter nötig. Dieses Klima schadet der Demokratie und kann dazu führen, dass am Ende fast alle verlieren.