Meinung Klimaschutz kostet, aber Nichtstun ist teurer
Meinung · Es reicht nicht, Benzin und Diesel mit einem CO2-Preis teurer zu machen und das dann als Klimaschutz zu verkaufen. Politik muss mehr leisten.
Wer durch eine x-beliebige deutsche Innenstadt geht, erkennt auf Anhieb das Problem: In den meisten Autos sitzt nur ein Mensch. Um von A nach B zu kommen, leisten wir uns einen etwa 1,5 Tonnen schweren Sitzplatz, der neben dem Klimakiller Kohlendioxid (CO2) noch reichlich Schadstoffe ausstößt und üppig Platz braucht – beim Fahren und beim Parken. Klug ist das nicht, um es einmal vorsichtig zu formulieren. Und trotzdem halten wir an diesem Modell fest, das unsere Ballungsräume so nachhaltig geprägt hat – die autogerechte Stadt.
Die Experten vom Wuppertal Institut liegen richtig, wenn sie eine Abkehr von diesem Prinzip fordern. Es reicht nicht, Benzin und Diesel mit einem CO2-Preis teurer zu machen und das dann als Klimaschutz zu verkaufen. Politik muss mehr leisten.
Hier kommen Milliarden in die Kasse, die gezielt für eine andere Infrastruktur verwendet werden sollten: Für Bahnen, für Radfahrer, für Fußgänger. Wer wissen möchte, wie das funktioniert, kann sich im benachbarten Holland schlau machen. Die Planer dort verfolgen einen grundlegend anderen Ansatz, weil das Auto nicht das Maß aller Dinge ist.
Wir haben das bisher nur in Sonntagsreden geschafft, in denen seit Jahrzehnten der Verkehr von der Straße auf die Schiene verlagert wird. Die Wirklichkeit ist eine andere. Das Straßennetz wächst, Schienen verschwinden. Der Güterverkehr nimmt überall zu, aber die Straße liegt vorne. Und der Verkehrssektor produziert heute mehr CO2 als jemals zuvor – allen ehrgeizigen Klimazielen zum Trotz. Selbst wenn es uns in den nächsten zehn Jahren gelingt, in Millionen Autos die Verbrennungs- durch Elektromotoren zu ersetzen, stehen wir weiter im Stau. Nur die Luft ist besser, falls der Strom aus erneuerbaren Quellen stammt. Das Auto darf für die Mobilität in den Städten nicht mehr der Taktgeber sein.
Ja, die Politik kann nicht anders, als den Klimaschutz ganz nach oben auf die politische Agenda zu setzen. Weil die meisten Menschen das so wollen. Und ja, Klimaschutz wird teuer. Aber noch viel teurer wäre das Nichtstun. Allein für die Nichteinhaltung der europäischen Klimaziele wären bis 2030 rund 62 Milliarden Euro fällig.
Statt über neue Kosten durch die CO2-Bepreisung zu jammern, sollte eine Hightech-Republik wie Deutschland die Chancen in den Blick nehmen. Wer Kohlendioxid reduziert oder vermeidet, öffnet die Tür für Märkte von morgen. Wertschöpfung kann funktionieren, ohne beschränkte Ressourcen für immer zu vernichten. Damit auch künftige Generationen gut leben können. Es hilft, dass Schüler diesem Denken Dynamik verliehen haben. Danke, „Fridays for Future“.