Meinung Neues Teilzeitgesetz ist Gift für Koalitionsfrieden
Um es gleich vorwegzunehmen: Eine arbeitsmarktpolitische Revolution wird das geplante Rückkehrrecht von einer Teilzeitbeschäftigung in einen Vollzeitjob nicht auslösen. Dazu sind die in der Gesetzesvorlage enthaltenen Ausnahmen immer noch viel zu umfangreich.
Zwar arbeiten rund 22 Millionen Beschäftigte in Unternehmen mit mehr als 45 Kollegen. In den Betrieben mit weniger Personal sind aber auch immerhin 15 Millionen Menschen tätig. Doch für sie gilt die angepeilte Neuregelung grundsätzlich nicht.
Aus Sicht der SPD hat das Gesetz gleichwohl einen hohen politischen Symbolwert. Noch in der vergangenen Wahlperiode war ihre damalige Arbeitsministerin Andrea Nahles in einem ersten Anlauf gescheitert. Seinerzeit wollte die Union das Rückkehrrecht nur für Betriebe ab 200 Mitarbeiter gelten lassen. Das wäre kaum mehr als weiße Salbe gewesen. Auf Druck der Genossen ist das Vorhaben nun abermals in den Koalitionsvertrag gekommen. Umso mehr darf es als Gradmesser für die Durchsetzungsfähigkeit der Sozialdemokraten in einer vielfach ungeliebten großen Koalition verstanden werden. Und es ist ja auch wirklich nicht einzusehen, warum die von Arbeitgebern immer wieder eingeforderte Flexibilität der Mitarbeiter nur eine Einbahnstraße sein soll. Wenn der Sprung von Voll- in Teilzeit offenbar keine größeren Schwierigkeiten in der betrieblichen Praxis bereitet, dann sollte doch auch der umgekehrte Weg ohne Widerstand möglich sein.
Zweifellos brauchen die Unternehmen hier auch Rechtssicherheit. Es ist daher verständlich, wenn die traditionell wirtschaftsfreundliche Union auf genaue Formulierungen der Modalitäten drängt. Allerdings wird man den Verdacht nicht los, dass manche darin einen willkommenen Vorwand zur Verhinderung des gesamten Gesetzes sehen. Das ist nicht nur Gift für den Koalitionsfrieden, sondern auch ein Affront gegen berechtigte Arbeitnehmer-Interessen.