Organspende: Die zarte Pflanze Vertrauen
Prüfer legen Bericht zum Organspende-Skandal vor
Dutzendfach „systematische Falschaussagen“, mutmaßlich getrieben vom Prestige- und Geschäftsdenken der Ärzte und Transplantationskliniken — das ist eine der stärksten Kombinationen, mit der man das Vertrauen in die Organspende vernichten kann.
Dass neben Göttingen, Leipzig und München nun auch Münster betroffen ist, hat für das Ergebnis kaum noch Auswirkungen. Die Spendebereitschaft in Deutschland ist in einem historischen Tief.
Denn viele Bürger fragen sich: Welche Rolle spiele ich in dem System, das sich unter Medizinern die „Königsklasse der Chirurgie“ nennt? Helfe ich Todkranken, oder bin ich in erster Linie Mittel zum Zweck für eine von Eitelkeit getriebene Branche?
Die Politik sowie Kassen und Medizinerverbände haben seit Beginn des Skandals vor einem Jahr reagiert und vieles reformiert: Die Manipulation der Warteliste ist künftig strafbar, es gibt bessere Kontrollen sowie eine unabhängige Prüfstelle. Sinnvolle Schritte, aber erst ein Anfang.
Ein Beauftragter des Bundestages, wie von der SPD gefordert, könnte ein weiterer Impuls für den Wiederaufbau des Vertrauens sein und dem Umbruch ein Gesicht geben. Vorausgesetzt er ist mehr als eine Marionette, die von der Medizinlobby gesteuert wird.
Neben dem permanenten Druck auf die Transplantationszentren durch unangekündigte Kontrollen muss sich eine neue Stufe der Transparenz durch die Veröffentlichung der Prüfberichte ergeben. Wobei normale Bürger realistischerweise wohl nicht erwarten können, dass diese auch für Laien ohne Weiteres verständlich sind. Aber es würde die gegenseitige Kontrolle der untereinander konkurrierenden Krankenhäuser ermöglichen.
Was aber für jeden nachvollziehbar sein muss, sind die Richtlinien, nach denen Ranglisten erstellt und Organe vergeben werden. Es ist eine ethische Frage, dass Spender die Wege kennen, die ihre Organe und die Empfänger zusammenführen. Hier besteht noch deutlich Diskussionsbedarf.
Denn bei allen positiven Ansätzen: Es wird Jahre dauern, bis sich die Organspende von dem Skandal erholt hat. Das Tragische: So lange werden Spender den Ärzten ihre Hilfe verweigern und damit eigentlich die schwer kranken Patienten treffen.