Wozu braucht es noch die SPD?

Die SPD macht das, was sie inzwischen am besten kann: ihr Führungspersonal austauschen. So zwingend es ist, dass die Partei nicht einfach mit den Figuren weitermachen kann, die ihren historischen Tiefpunkt verkörpern, so wenig wird ein erneuter Austausch der Parteispitze ein einziges ihrer existenziellen Probleme lösen.

Zur Erinnerung: Ein Teil derjenigen, die jetzt Franz Müntefering aufs Altenteil schicken, haben diesem erst vor einem Jahr zugejubelt, als er den vermeintlich glücklosen Kurt Beck wegputschte.

So ist auch diesmal die personelle Erneuerung nicht Lösung, sondern nur Ausdruck der existenziellen Krise der Partei. Einer Partei, die sich mit Schröders Agenda-Politik ebenso wie mit Münteferings Rente mit 67 von sich selbst entfremdet hat - so unvermeidbar der strukturelle Umbau des Sozialstaats im Angesicht des demografischen Wandels auch sein mag. Also wird auf diesen personellen Wechsel zwingend der Linksruck der SPD folgen. Dafür steht die künftige Generalsekretärin Andrea Nahles. Und der designierte Parteivorsitzende Sigmar Gabriel ist wendig genug, diesen Schwenk mitzuvollziehen.

Doch auch der unvermeidbare Linksruck in der Opposition ist kein Garant für künftigen politischen Erfolg. Die Verlierer dieser Gesellschaft haben sich längst aus der politischen Willensbildung verabschiedet oder bei der Linken versammelt, die immer mehr versprechen wird als die SPD. Auch der Wunsch, über die Wiederannäherung an die Linke zur Wiedervereinigung mit ihr zu gelangen, erscheint allzu träumerisch. Was sollte die Sozialisten, die im Osten Deutschlands inzwischen Volkspartei sind und im Westen von den Verlierern der Gesellschaft als ihr Sprachrohr anerkannt werden, ernsthaft dazu bewegen? Eine Übernahme der SPD durch die Linke wäre nicht weniger realistisch.

Die Sozialdemokraten werden in den kommenden Jahren nicht um die Rückkehr an die Macht, sondern ums nackte Überleben kämpfen. Dabei droht die Partei regelrecht zerrieben zu werden: Zwischen ihrer linken Konkurrenz, einer Union, die als einzig verbliebene Volkspartei ein breites Spektrum der Gesellschaft abdeckt, und Grünen und Liberalen, bei denen sich das weltoffene und gut situierte Bürgertum besser aufgehoben fühlt.