Tierische Mitarbeiter Bürohunde können „Türöffner“ sein
Kreis Viersen · In den vergangenen Jahren ist die Zahl der Hunde immer weiter gestiegen. Viele Arbeitnehmer wünschen sich, den Hund mit ins Büro nehmen zu können. Manche Arbeitgeber haben dagegen nichts einzuwenden. Die Stadt Willich hat dazu gerade ein Pilotprojekt gestartet.
In den vergangenen Jahren ist die Zahl der Hunde immer weiter gestiegen. Auch in der Corona-Zeit kamen deutschlandweit immer mehr Menschen auf den Hund: Man war nicht ganz so alleine im Homeoffice, konnte mit dem Hund vor die Türe gehen und sogar – auf Entfernung und mit Maske – Kontakt zu anderen Hundehaltern knüpfen. Inzwischen hat Corona seine Brisanz verloren, in vielen Behörden und Unternehmen sind Arbeitnehmer in ihre Büros zurückgekehrt. Doch wohin nun mit den Vierbeinern? Dürfen sie mit ins Büro, oder müssen sie zu Hause bleiben? Diese Frage beschäftigt auch Arbeitgeber und Arbeitnehmer in der Region.
In der Gemeinde Grefrath ist das Thema „Hund im Büro“ zurzeit hochaktuell – und wird tierisch intensiv diskutiert. Ein Ergebnis, so eine Gemeindesprecherin, gebe es im Moment aber noch nicht. In der Stadt Tönisvorst ist es mit Rücksicht auf die Kunden und Kollegen den Mitarbeitern der Stadtverwaltung grundsätzlich nicht gestattet, ihre Vierbeiner mit ins Büro zu bringen.
Dies teilte eine Pressesprecherin auf Anfrage der Redaktion mit. Bei der Stadt Kempen gelte tatsächlich nur eine absolute Ausnahmegenehmigung, wenn der Mitarbeiter zwingend einen Assistenzhund mitbringen müsse. Nur dann werde der Vierbeiner im Büro geduldet. Aber dies sei immer eine Einzelfallentscheidung, heißt es aus dem Rathaus. Bislang habe es auch keine vermehrten Anfragen von Mitarbeitern gegeben, ihre Fellnasen mit zum Arbeitsplatz bringen zu wollen.
Bei der Stadt Willich ist man da schon eine Pfotenlänge weiter: Im Schloss Neersen und im Technischen Rathaus begleiten bereits sieben Hunde ihre Besitzer ins Büro. „Wir haben, nachdem Anfragen von Mitarbeitern kamen, eine kleine Arbeitsgruppe gebildet, um uns mit dem Thema tierische Mitarbeiter zu beschäftigen“, sagt Gabi Hensen, Zentrale Steuerung Geschäftsbereichsleitung mit Sitz im Schloss. Diese Arbeitsgruppe hat eine Umfrage unter den Kollegen gestartet, in der sich die meisten Mitarbeiter für einen tierischen Kollegen aussprachen. Daraufhin wurde an einem Regelwerk gefeilt, wie so ein gemeinsamer Arbeitstag im Büro aussehen kann. „Es ist selbstredend, dass ein Schwimmmeister in der ,Bütt‘ nicht seinen Hund mit an den Beckenrand führen kann“, sagt Hensen lachend. In dem Leitfaden ist auch festgelegt, dass Kollegen mit der Anwesenheit eines Hundes einverstanden sein müssen. Auch gesundheitliche Aspekte, wie Allergien gegen Tierhaare, müssten abgeklärt werden. Außerdem müsse jeder Antragsteller, der einen Hund mit ins Büro nehmen möchte, eine Selbstauskunft oder einen Hundeführerschein sowie eine Hundehalter-Haftpflichtversicherung vorlegen.
Das Ausfüllen eines Fragebogens rund um den Freund auf vier Pfoten gehört zum Antrag mit dazu, ebenso die Zusicherung, ein absolut stubenreines Tier mit zubringen. Das Pilotprojekt ist in Neersen am 1. September gestartet und soll nun ein Jahr lang laufen. „Bislang gibt es noch keine Beschwerden, und fünf Hundehalter warten noch auf grünes Licht, ihren Büroalltag mit Vierbeinern verbringen zu dürfen“, sagt Hensen. Am Ende des Antragsverfahrens geben die Führungskräfte eine Zustimmung oder Absage.
Auch außerhalb der Rathäuser gibt es Arbeitgeber, die gegen einen Hund im Büro nichts einzuwenden haben: In der Agentur CGW in Willich beispielsweise hat Agenturhund Sam das Sagen. Er ist der Hund von Geschäftsführerin Kristiane Guth - und für die Schmuseeinheiten in der Firma zuständig. Einen grundsätzlichen Freibrief zum Mitbringen von Hunden gibt es für die Mitarbeiter nicht. „Es ist für uns immer eine Einzelfallentscheidung. Und ich höre immer auf mein Bauchgefühl“, sagt das Frauchen von Sam.
In der Steuerberatungskanzlei Ley, Beyel, Hoff und Hellmann in Kempen und Grefrath haben ganz klar die Hunde das Sagen: Sechs Hunde, vom Königspudel bis zur Zwergpudeldame Adele, bereichern den Arbeitsalltag zwischen Steuererklärung und Zahlen. Es sei ganz klar, dass die Vierbeiner der Mitarbeiter zum guten Betriebsklima beitrügen. Sie verbreiteten Wärme und zauberten jedem ein Lächeln ins Gesicht. Außerdem seien sie perfekte „Türöffner“. „Sowohl bei Gesprächen mit Mandanten als auch mit Mitarbeitern der Finanzbehörden kann die Frage nach dem Wohlbefinden des tierischen Mitarbeiters ein positiver Einstieg sein.“ Ganz klar sei aber auch: die Mandantschaft gehe vor. „Wir sind Dienstleister und orientieren uns zu 100 Prozent nach den Wünschen der Mandanten“, sagt Martin Beyel, Steuerberater und Partner in der Steuerberatungsgesellschaft. Es werde natürlich Angst vor Hunden oder eine Tierhaarallergie respektiert. Im Alltag müssten Gassigehzeiten genauso ausgeglichen werden wie Raucherpausen.
Übrigens: Selbst Mitarbeiter, die zu Hause eingefleischte Katzenliebhaber sind, genießen die Nähe der Hunde im Büro, die mit ihren feuchten Schnauzen nach Leckerlis „fragen“ und kurz gekrault werden wollen. Sie verströmten Ruhe und Wärme, sagt Beyel: „Die Vierbeiner machen uns glücklich.“