Angriff auf die eingefrästen Denkschablonen
Fatih Cevikkollus Programm „Fatihtag“ vertraut dem Perspektivwechsel.
Burscheid. „Wo kommst du her?“ „Ich komme aus Deutschland. Ja, so sehen die jetzt aus.“ Ein klitzekleiner Auszug aus den fast drei Stunden mit dem Kölner Kabarettisten Fatih Cevikkollu im schweißtreibend ausverkauften evangelischen Gemeindesaal am Samstagabend. Ein klitzekleiner Auszug aus seinem aktuellen vierten Soloprogramm „Fatihtag“, das sich auf allen Ebenen des Humors („Für alle was dabei“) durch die deutsch-türkischen Befindlichkeiten bewegt.
Da eine Zote, dort ein Kalauer, hier diebischer Spaß am gelungenen Gag, da bitterböser Sarkasmus auf der Basis leider nicht aus der Luft gegriffener Ungeheuerlichkeiten: Cevikkollu erreicht vielleicht gerade deshalb die Herzen und den Verstand gleichermaßen, weil er nicht nur eine Masche reitet.
Als er am Ende des Programms staunend auf seine eigene Herkunft aus einer türkischen Arbeiterfamilie blickt, sie mit dem Leben seiner siebenjährigen Tochter vergleicht und deren Begegnung mit dem patriarchalen Großvater schildert, leuchtet in diesen zehn bewegenden Minuten wie unter dem Brennglas das ganze Schwierige und Beglückende einer familiären Migrationsgeschichte auf.
Von Cevikkollu lässt man sich gerne seine eingefrästen Denkschablonen vorhalten, weil er nicht belehrend daherkommt, sondern allein der Einladung zum Perspektivwechsel vertraut. Dass hinter all dem Witz und Charme, vor allem aber den bissigen Politikanmerkungen auch viele erlebte Verletzungen eines Deutschen stehen, dem diese Zugehörigkeit immer wieder abgesprochen wurde, ist die emotionale Grundierung des Programms.
Schlusspunkt: die alte indianische Geschichte von den beiden Wölfen, die in uns kämpfen. Der eine: rachsüchtig, aggressiv, das Böse. Der andere: mitfühlend, liebend, das Gute. Wer gewinnt? „Der, den du fütterst.“ Licht aus. Der Rest ist Nachdenklichkeit über den Abend hinaus.