Einsatz zum Schutz der Schutztruppe

Schon zweimal war Tobias am Hindukusch. Im nächsten Jahr fliegt der Stabsgefreite wieder für vier Monate ins Camp Marmal.

Burscheid. Die SMS mit der Nachricht von der Geburt seines ersten Sohnes hat ihn nur mit mehrstündiger Verspätung erreicht. "Wenn Telefonsperre verhängt ist, dann geht erst mal gar nichts mehr", sagt Tobias.

Aber dann hat er zur Feier von der Zweidosenregelung Gebrauch gemacht: Maximal zwei kleine Dosen Bier dürfen die Bundeswehrsoldaten im Camp Marmal nahe der nordafghanischen Stadt Masar-e Scharif pro Tag trinken. Und seine Gruppe hatte gerade frei. "Da habe ich den Kameraden ein paar Bier ausgegeben."

Das war im September 2006, Tobias gerade 19, seit einem Jahr bei der Bundeswehr und seit einem Monat in Afghanistan. Als Teil des 6.Objektschutzregiments der Luftwaffe. Vorher hatte er vom Ausland nur Paris gesehen.

Und beim Sechsstundenflug an den Hindukusch dann erst einmal gemerkt, "dass ich ein bisschen Flugangst habe". Ehe ihm nach der Landung die Hitze entgegenschlug: "Das ist wie ein Backofen, der auf 200 läuft."

Inzwischen weiß der gebürtige Leverkusener mit Wohnsitz in Burscheid besser, was auf ihn zukommt. Den ersten vier Monaten am Fuße des Marmalgebirges folgten zum Jahreswechsel 2007/ 2008 vier weitere. Und bevor sein vierjähriger Dienst als Zeitsoldat Ende Juni kommenden Jahres endet, wird er ein drittes Mal in das ihm dann schon vertraute Camp aufbrechen.

Dann gibt es wieder 92,03 Euro mehr am Tag - Zulage für die höchste Gefahrenstufe 5, die in Afghanistan gilt. Die Lage ist nicht leichter geworden für die Soldaten: ein toter deutscher Fallschirmjäger; die ersten zivilen Opfer durch deutsches Feuer, eine Frau und zwei Kinder. Das war in seiner Heimatkaserne in Kerpen natürlich heftiges Gesprächsthema. "Aber letztlich kann man viel darüber reden. Wenn man nicht vor Ort war, weiß man trotzdem nicht, was genau passiert ist."

Er selbst will sich vor seinem abschließenden Einsatz jedenfalls nicht verrückt machen. Um seine Familie nicht zu beunruhigen, zappt er schnell weiter, wenn es im Fernsehen mal wieder um Anschläge geht. Dabei kennt er die Anspannung selbst nur zu gut.

Wie bei seinem zweiten Aufenthalt, als plötzlich Raketenalarm gegeben wurde und er mit rausfahren musste, um Gebäude zu kontrollieren, in denen sich die möglichen Angreifer hätten verbergen können. Es blieb zum Glück beim Alarm. "Am schlimmsten waren aber am Anfang die riesigen Hunde. Solche Tiere haben Sie noch nicht gesehen. Die hört man anlaufen wie ein Pferd." Manchmal half nur Reizgas, um sie auf Distanz zu halten.

Aber Tobias erzählt auch von den Momenten bei Patrouillenfahrten über die Dörfer, wo ihm die Freundlichkeit der Menschen begegnet. "Die Taliban gehen ja nicht nur auf uns los, sondern es gibt auch Anschläge in den Dörfern." Entsprechend froh sei man dort über das Auftauchen der Schutztruppe. "Wir bekommen mal ein Brot geschenkt oder einen Tee gebracht. Man darf dann nur nicht daran denken, wie das zubereitet wurde."

Tobias hat bei seinen Einsätzen viel Kontakt zur Bevölkerung. Der Objektschutz ist zuständig für die Sicherheit des Camps: Kontrollen der einheimischen Arbeiter am Haupttor gehören dazu, Wachdienste an Mauer, Zaun und im internen Flugbereich, aber eben auch die Fahrten außerhalb des Lagers zur Flugsicherung beim Starten und Landen oder um mitzubekommen, wie die Stimmung in den Dörfern rund um das Lager ist.

"Die Patrouillen sind immer die Highlights", sagt er. Trotz der Gefahren und des Augenmerks auf alle Veränderungen am Straßenrand.

Wenn er seine Bundeswehrzeit hinter sich hat, will Tobias erst einmal eine Ausbildung machen, wahrscheinlich als Schreiner. Dass seine Einsätze ein Plus bei der Bewerbung sein könnten, bezweifelt er: "Sicher nicht bei jedem Arbeitgeber. Was interessiert die schon, wenn man mit einer Waffe in der Hand durch Afghanistan gezogen ist?"