FM-Betriebsrat zerfleischt sich selbst
Obwohl die Staatsanwaltschaft längst abgewunken hatte, spricht ein Aushang noch von Strafanzeige.
Burscheid. Innerhalb des Betriebsrats von Federal-Mogul (FM) toben weiterhin unerbittliche Grabenkämpfe, die das Gremium an den Rand der Selbstzerfleischung treiben. Jüngster Höhepunkt ist ein Aushang der Minderheitsfraktion der Demokratischen Metaller vom Montag, in der von einer Strafanzeige gegen den geschäftsführenden Betriebsrat die Rede ist.
Was der Aushang an die Belegschaft allerdings verschweigt: Die Staatsanwaltschaft sah bereits aufgrund der Mitte Dezember gestellten Anzeige keinen Anfangsverdacht und hat daher überhaupt keine Ermittlungen wegen der Sterbekasse bei FM aufgenommen. Das entsprechende Schreiben der Staatsanwaltschaft war zum Zeitpunkt des Aushangs auch schon längst raus.
„Es gab keine Anhaltspunkte für eine Straftat“, erklärte Staatsanwalt Tino Seesko gegenüber dem BV. Das habe auch mit der nicht eindeutig formulierten Satzung der Sterbekasse zu tun. „Man kann nicht sagen, dass da vorsätzlich etwas Falsches gemacht worden ist.“
Dennoch gibt es in der Belegschaft große Unruhe wegen der Sterbekasse. Dabei handelt es sich um eine jahrzehntealte Kasse, der über 2000 FM-Mitarbeiter aus Burscheid und Herdorf angehören. Verwaltet wird sie vom Betriebsrat. Die Funktionsweise: Jedes Mitglied zahlt monatlich für jeden Sterbefall eines Mitarbeiters, der der Kasse angehört, einen Euro ein. Das Geld kommt dann einer vorher festgelegten Bezugsperson zugute, um damit die Beerdigung zu finanzieren.
Im vergangenen Sommer war es nun im Fall einer Verstorbenen zur Auszahlung gekommen, obwohl die Frau damals nicht mehr bei FM, sondern bei einer Transfer-Gesellschaft beschäftigt war. Auch gab es offenbar vor ihrem Tod keine Einzahlungen in die Kasse mehr, die dann im Nachhinein auf ungeklärte Weise nachgeholt werden sollten.
Ein Vorgang, der in der Tat einer sachlichen Aufklärung bedürfte. Doch die ist in dem aufgeheizten Klima nicht möglich. Seit der Wahl im März 2010 bekämpfen sich die „Demokratischen Metaller“ mit sieben Sitzen und die IG-Metall-Gruppe um die Vorsitzende Nicole Ilbertz mit acht Sitzen bis aufs Blut — jeweils in der festen Überzeugung, im Recht zu sein und sich gegen Intrigen der anderen Seite zur Wehr setzen zu müssen.
Inzwischen hat die Mehrheit im Betriebsrat angekündigt, den Fall der Sterbekasse von einem IG-Metall-nahen Wirtschaftsprüfer klären zu lassen. Die FM-Geschäftsführung hatte dagegen zur Befriedung einen unabhängigen Prüfer aus Burscheid vorgeschlagen.
Selbst eigentlich positive Entwicklungen wie die vereinbarte Bonuszahlung an die Burscheider Beschäftigten aufgrund des guten Geschäftsjahres 2010 sind mittlerweile Teil der Schlammschlacht. Angeblich höhere Zahlungen an anderen FM-Standorten werden kolportiert — mit dem Ergebnis, dass die Praxis dieser freiwilligen Leistung derzeit innerhalb des gesamten Konzerns infrage steht.
Ein Anlass für die jüngste Eskalation könnte die Betriebsratssitzung in der vergangenen Woche gewesen sein. Nachdem Betriebsrat Thomas Hahn Ende September aus Frust seine Freistellung zurückgegeben hatte, war erst jetzt sein Nachfolger gewählt worden. Mit 8:7 setzte sich Axel Kernke gegen Achim Lütz durch, sodass die Mehrheitsfraktion jetzt alle vier freigestellten Betriebsräte stellt.
Gleich im Anschluss wurde der frühere Betriebsratsvorsitzende Michael Bergmann auch als Burscheider Vertreter aus dem Konzernbetriebsrat abgewählt. Sein Nachfolger: Ralf Mebus. Dessen Wahlergebnis: 8:7.