„Ich dachte, Beck wäre nicht so dünnhäutig“

Die Basis plädiert nach dem Umbruch für mehr soziales Profil im Reformprozess.

Burscheid. Nach dem denkwürdigen Sonntag mit der Klausurtagung der SPD-Spitze in Berlin ist in der Partei auch auf Unterbezirks- und Ortsvereinsebene für reichlich Gesprächsstoff gesorgt. "Wir freuen uns, dass es frischen Wind gibt und wir mit neuem Mut in das Wahljahr 2009 gehen", reagiert der Unterbezirksvorsitzende Jürgen Wilhelm.

Der designierte neue Parteivorsitzende Franz Müntefering müsse aber jetzt beweisen, "dass er über eine hohe Intergrationskunst verfügt, was er als Vorsitzender ja schon einmal hat vermissen lassen", so Wilhelm. Die Entscheidung für die Agenda 2010 sei richtig gewesen, "aber sie muss jetzt auf ihre soziale Gerechtigkeit abgeklopft werden".

Eine Haltung, die auch der Burscheider SPD-Chef Klaus Becker vertritt: "Wir müssen zu unserem sozialen Profil zurückfinden." Dazu sei jetzt ein vernünftiger Mittelweg gefragt. Die am Sonntag festgezurrte Personallösung hält Becker für "sehr gut". Auch der Zeitpunkt sei richtig gewählt. Kurt Becks Rücktritt sei nachvollziehbar, er habe zu viel Führungsschwäche bewiesen. "Jetzt muss auch die CDU aus der Deckung kommen."

Mit dieser Entwicklung habe er nicht gerechnet, räumte der Burscheider Fraktionsvorsitzende Dieter Müller ein. "Ich dachte, Kurt Beck wäre nicht so dünnhäutig." Sein Rücktritt sei bedauerlich: "Er war sympathisch, der Typ väterlicher Freund, der nicht mit dem dicken Hammer rumrennt."

Müller erwartet, dass es mit der Partei jetzt wieder aufwärts geht. "Tiefer geht es ja auch nicht mehr." Die SPD dürfe nicht 100-prozentig von der Reformlinie abweichen, "aber was aus dem Ruder gelaufen ist, muss korrigiert werden".

Darin weiß Müller sich mit dem angehenden SPD-Bürgermeisterkandidaten Bodo Jakob einig. "Wenn Müntefering wieder Vorsitzender ist, dann wäre es an der Zeit, auch auf die andere Seite der Agenda 2010 zu achten, also nicht nur zu fordern, sondern auch zu fördern."

Becks Rücktritt sei nach seinem Autoritätsverlust "folgerichtig". Die Kanzlerkandidatur Frank-Walter Steinmeiers war für Jakob angesichts dessen Popularität in den Umfragen keine Überraschung mehr. "Der Kandidat muss Vertrauen in der Bevölkerung haben."