Interview: „Ich bettle nicht um irgendein politisches Amt“
Wolfgang Bosbach über seinen Rückzug als stellvertretender Vorsitzender der CDU/CSU-Bundestagsfraktion.
Rhein.-Berg. Kreis. Seit 15 Jahren sitzt Wolfgang Bosbach (57) für die CDU als Direktkandidat des Rheinisch-Bergischen Kreises im Bundestag, zehn Jahre lang war er stellvertretender Vorsitzender der CDU/CSU-Bundestagsfraktion für das Ressort Innen- und Rechtspolitik.
Jetzt will er auf dieses Amt verzichten. Über die Gründe dafür und seine neuen Pläne sprach der BV mit dem Bergisch Gladbacher Juristen und Bundespolitiker.
Herr Bosbach, Ihren Verzicht auf eine erneute Kandidatur erklären Sie auch damit, sich mehr um Ihren Wahlkreis kümmern zu wollen. Geht das überhaupt noch? Sie sind doch schon sehr präsent.
Wolfgang Bosbach: In den vergangenen zehn Jahren war ich bundesweit unterwegs, was mit einem erheblichen Reiseaufwand verbunden ist. Es sieht nur so aus, als ob ich jede Einladung annehmen würde. Tatsächlich ist das gar nicht möglich, wenn man die Hälfte des Jahres in Berlin ist und die andere Hälfte unterwegs. Allein nach den Sommerferien hatte ich im Wahlkampf 31 Termine zwischen Travemünde und Starnberg. Da können Sie sich ausrechnen, wie oft ich überhaupt vor Ort sein kann.
Der Rheinisch-Bergische Kreis kann sich also auf eine noch größere Präsenz freuen?
Bosbach (lacht): Ich hoffe, dass man sich freut. Aber diese Ankündigung ist kein Scherz, sondern ganz ernst gemeint. Im Übrigen bezieht sich das nicht nur auf die politische Arbeit, sondern auch auf meine Familie und Freunde.
Wolfgang Bosbach über seine Beziehung zu Angela Merkel
Hinter Ihrer Entscheidung steht aber auch unverkennbar die Enttäuschung, dass es diesmal keine Gespräche mit Ihnen über ein mögliches Ministeramt gegeben hat. Andererseits sind Sie in der Öffentlichkeit einer der profiliertesten Köpfe der CDU. Wie erklären Sie sich diese Diskrepanz?
Bosbach: Ich bin da ziemlich ratlos. Ich laufe aber auch niemandem hinterher oder bettle um irgendein politisches Amt. Ich habe zehn Jahre mein Bestes gegeben und dann gibt es nur zwei Möglichkeiten: Entweder man schätzt die Person und ihre politische Arbeit oder man schätzt sie nicht. Aber mir macht meine Arbeit auch heute noch Spaß und ich hänge die Politik ja nicht an den Nagel.
Gab es irgendwann ein Zerwürfnis mit der Bundeskanzlerin?
Bosbach: Zu keinem Zeitpunkt. Aus meiner Sicht haben wir ein entspanntes Verhältnis und es hat nie ein böses Wort zwischen uns gegeben. Im Gegenteil: In den Osterferien hat sich Angela Merkel redlich bemüht, und das meine ich ganz ernst, mich für die Kölner CDU als Oberbürgermeisterkandidat zu gewinnen. Und das hätte sie wohl nicht getan, wenn sie mich nicht für geeignet hielte, ein hohes politisches Amt zu übernehmen. Aber ich halte meine Absage auch heute noch für richtig, weil ich damals schon als Kandidat im Rheinisch-Bergischen Kreis nominiert war. Und ich kann nicht gleichzeitig in Köln OB-Kandidat sein und im Kreis Bundestagskandidat.
Stattdessen wollen Sie nun den Vorsitz im Innen- oder Wirtschaftsausschuss übernehmen. Was ist in dieser Richtung schon unternommen worden?
Bosbach: Ich habe sowohl mit dem Fraktionsvorsitzenden Volker Kauder als auch mit dem 1. Parlamentarischen Geschäftsführer Peter Altmaier gesprochen, der die Besetzungen verhandelt. Ich gehe auch davon aus, dass meiner Bitte entsprochen wird. Alles andere wäre eine Riesenenttäuschung. Dabei würde ich dem Innenausschuss den Vorzug geben, weil Innenpolitik seit 1994 mein Thema ist.
Wann fällt die Entscheidung?
Bosbach: Wir haben uns am Mittwoch auf den 12. November verständigt. Danach sind auch die konstituierenden Sitzungen der Ausschüsse vorgesehen.
Wie wird sich Ihre politische Arbeit in dieser Legislaturperiode ändern?
Bosbach: Der Ausschussvorsitz ist eine eher repräsentative Funktion. Das politische Tagesgeschäft würde dann auf meinen Nachfolger übertragen. Für mich bedeutet das weniger Präsenz in den Medien und weniger öffentliche Auftritte. Aber wenn man ein Amt niederlegt, hat das immer Vor- und Nachteile. Das weinende Auge: Mir hat die Arbeit immer Spaß gemacht und ich hatte tolle Mitarbeiter, auf die ich jetzt verzichten muss. Das lachende Auge: Ich gewinne mehr Freiheit und Freizeit.