Serie Ein kölscher Rebell, eine mutige Nonne und ein unbequemer Kabarettist
Köln · Auch heute begeben wir uns wieder auf die Suche nach den Kölner Persönlichkeiten. Dass diese nicht immer unumstritten sind, zeigt einer der erfolgreichsten deutschen Bestsellerautoren, der seine Wurzeln am Rhein hatte.
Der Blick fällt außerdem auf einen kölschen Rebellen, auf eine bekannte Bankiersfamilie, auf eine Philosophin und Frauenrechtlerin sowie auf einen unbequemen Kabarettisten.
Nikolaus Gülich: Dieser Mann war ein echter Rebell. Er führte in den 1680er eine Protestbewegung gegen die Kölner Stadtführung an, die als „Gülich-Aufstand“ in die Stadtgeschichte eingegangen ist. Geboren wurde Nikolaus Gülich 1644 als Sohn eines Hutmachers und dessen Gattin Maria de Reuss, die einer bedeutenden Kaufmannsfamilie entstammte. Gülich war Manufakturkaufmann und betrieb mit seinem Bruder Theodor auch einen Weinhandel. Im Jahr 1680 setzte sich Gülich an die Spitze von Unzufriedenen innerhalb der Kölner Bürgerschaft. Angeprangert wurde die Vetternwirtschaft und die Veruntreuung öffentlicher Gelder. Gülich organisierte die Protestbewegung innerhalb der Stadt und installierte einen neuen Stadtrat. Eine kaiserliche Untersuchungskommission macht der Rebellion ein Ende. Gülich kam in Haft und wurde 1686 auf der Mülheimer Heide hingerichtet. Zum Gedenken an ihn gibt es am Rathausturm eine Figur. Der Platz schräg gegenüber wurde nach Gülich benannt. Dort befindet sich vor dem Haus Neuerburg der Fastnachtsbrunnen von Georg Grassegger.
Salomon Oppenheim: 1789 gründete der 17-jährige Salomon Oppenheim in Bonn ein Kommissions- und Wechselhaus. Zunächst widmete er sich dem Speditionsgeschäft, später handelte er mit Waren, tauschte Devisen und vergab Kredite. 1798 ließ er sich in Köln nieder und wandelte sein Unternehmen in ein Bankhaus um. 1822 wurde er Mitglied des Vorstands der Kölner Handelskammer und war der erste Jude, der dieses Amt begleitete. Oppenheim war einer der großen Finanziers der Rheinschifffahrt und unterstützte auch das Eisenbahnwesen. Nach seinem Tod übernahmen seine Söhne Simon und Abraham das Geschäft und setzten wichtige Impulse im Kölner Wirtschafts- und Kulturleben. Sein Sohn Eduard von Oppenheim war 1858 Prinz im Kölner Dreigestirn. Er übernahm 1880 mit seinem Bruder Albert die Leitung des Bankhauses und engagierte sich in Geschäftszweigen wie der Eisenbahn, der Kabelgesellschaften und im Kolonialhandel. 1870 ließ sich von Oppenheim an der heutigen Bankenstraße Unter Sachsenhausen ein prächtiges Stadtpalais errichten. Die Privatbank Sal. Oppenheim am gleichen Ort war bis zum Verkauf an die Deutsche Bank 2009 im Eigentum der Familie von Oppenheim. Mit einer Bilanzsumme von 41,4 Milliarden Euro und über 350 Milliarden Euro an verwaltetem Kapital war es bis zum Verkauf das größte unabhängige Bankhaus in Europa. Zu den bekanntesten Familienmitgliedern der Jetztzeit zählt Alfred Freiherr von Oppenheim, der 2005 starb. Er war unter anderem Vizepräsident des Deutschen Industrie- und Handelstages. Das Familiengrab befindet sich auf Melaten.
Edith Stein: Seit 1999 steht das Bronzedenkmal „Gruppenbild mit einer Heiligen“ auf dem Kölner Börsenplatz direkt vor dem Erzbischöflichen Priesterseminar. Das vom bekannten Düsseldorfer Bildhauer Bert Gerresheim geschaffene Kunstwerk ist der Philosophin, Frauenrechtlerin und Karmeliter-Nonne Edith Stein (1891-1942) gewidmet. Die Frau auf dem Hocker, die sich nachdenklich auf einen Davidstern stützt, zeigt Stein in jungen Jahren. Sie wurde als Tochter einer jüdisch-orthodoxen Familie geboren und studierte in Breslau Philosophie, Germanistik und Geschichte. Ihr Verhältnis zum jüdischen Glauben war schwierig. Dieser Zwiespalt der Gefühle wird durch die gespaltene Frau in der Mitte verdeutlicht. Die Autobiografie der Heiligen Teresa von Avila bewog sie, 1921 in die katholische Kirche einzutreten. Sie arbeitete als Lehrerin und hielt Vorträge zur Frauenfrage. Ihre Stelle an einer katholischen Hochschule in Münster gab Stein auf Druck der Nazis auf und trat mit 42 Jahren 1933 Postulantin in den Karmel Maria vom Frieden in Köln ein. Die dritte Figur zeigt Stein als Nonne. Im selben Jahr schrieb sie einen Brief an Papst Pius XI. mit der Bitte, öffentlich gegen die Judenverfolgung zu protestieren. Entsprochen wurde ihrer Bitte nicht. In der NS-Zeit wurde Stein als „Jüdin und Christin“ zum Opfer des Holocaust und im Jahr 1942 im KZ Auschwitz ermordet. Ihr letzter Weg in den Tod symbolisieren die zahlreichen Fußspuren zu einem Haufen mit Schuhen, der von zwei Tafeln mit den Zehn Geboten gestützt wird. Von Papst Johannes Paul II. wurde Edith Stein 1998 heiliggesprochen.
Heinz Konsalik: Der gebürtige Kölner gilt als einer der kommerziell erfolgreichsten Schriftsteller in Deutschland. Konsalik war der Geburtsname seiner Mutter, den Heinz Günther als Künstlername annahm. Mit zehn Jahren schrieb er seinen ersten Wildwestroman, mit 16 verfasste er Feuilletonbeiträge für Kölner Zeitungen. Der Kölner war Mitglied der Hitlerjugend und nahm 1939 seine Arbeit für die Gestapo auf. Später ging er als Wehrmachtssoldat an die Ostfront. Nach dem Krieg begannen seine Erfolge als Schriftsteller. Konsalik lebte zunächst im sauerländischen Attendorn und siedelte später nach Bad Honnef um. Zu seinen bekanntesten Werken zählt der „Arzt von Stalingrad“. Gerne bediente er die massentauglichen Genres Liebes- und Familienroman sowie Kriegs- und Arztroman. Dabei war sein Werk nicht unumstritten. Einige Kritiker sprachen bei seinen zur Trivialliteratur zählenden Romanen von „Herz-Schmerz-Schmalz mit teutonischer Landser-Retorik“. Kritisiert wurde auch, dass er mit seinen Büchern rassistische und sexistische Klischees bedient. Konsalik selbst sah sich als Volksschriftsteller, der nur für seine Leser schreibt. Insgesamt verfasste er 150 Romane in 45 Sprachen in einer Gesamtauflage von mehr als 63 Millionen. Sein Grab befindet sich auf Melaten.
Heinrich Pachl: Der 1943 geborene Heinrich Pachl war einer der bekanntesten deutschen Kabarettisten. Er arbeitete auch als Schauspieler, Autor und Filmemacher. In Köln gründete er zusammen mit der Schauspielerin Christiane Bruhn und dem Autor Erasmus Schöfer das „Industrietheater Rhein-Ruhr – Der wahre Anton“ als eine Formation des Straßentheaters. Von 1975 bis 1981 produzierte er mit Jochen Fischer und Christian Maiwurm auf Video die „Kölner Wochenschau“, die unter anderem Hausbesetzungen und Umweltskandale thematisierte. Auch der Kölner Klüngel wurde angeprangert. Seine kabarettistische Laufbahn begann Pachl beim Politik- und Straßentheater. Später war er auch in verschiedenen Fernsehfilmen zu sehen. Seinen Kölner Freund Günter Wallraff unterstütze er in mehreren Projekten. 1987 wurde er Mitbegründer und Gesellschafter des Bonner Pantheon Theaters. Ab den 90ern veröffentlichte er vier Theaterstücke. Bekannt wurde Pachl als Kabarettist in der Formation „Der wahre Aton“ und der Kabarettgruppe „Reichspolterabend“. Sein Programm „Die überleben wir“ feierte 2011 Premiere. Pachl lebte in Nippes. 2012 starb er in Köln. Sein Grab befindet sich auf dem Melatenfriedhof.