Kirche Experte entdeckt judenfeindliche Darstellungen am Portal des Doms

Köln · Vom Westen her strömen jetzt nach der Wiederöffnung des Doms nach der Terrorwarnung wieder täglich Tausende Touristen durch das Hauptportal der berühmten Kathedrale. Dabei fällt nur selten der Blick auf die Details der Westfassade des Doms.

Am Michaelsportal konnte der erste Bauabschnitt der Restaurierung 2023 abgeschlossen werden.

Foto: Hohe Domkirche Köln, Dombauhüt/Jennifer Rumbach

Doch gerade dort hat der Domführer und Referent des Domforums, Harald Schlüter, eine interessante Beobachtung gemacht.

Am Petersportal, das sich direkt neben dem Hauptzugang zum Dom befindet, wird die Petrus-Legende dargestellt. Dabei geht es vor allem um den Tod des Apostels, der in Rom kopfüber gekreuzigt worden ist. Genau bei dieser Szene tauchen fünf Männer mit merkwürdigen Hüten mit einer flachen Krempe auf. Schlüter hat bei seinen genauen Betrachtungen entdeckt, dass an diesen Kopfbedeckungen die Schäfte sorgsam entfernt worden sind. Diese weisen die Kleidungsstücke als „gehörnte Hüte“ aus, eine Kopfbedeckung von Juden im 14. Jahrhundert.

Ein neues Kunstwerk soll Juden und Christen im Dom verbinden

Diese „Judenhüte“ erweisen sich in der mittelalterlichen Bild- und Symbolsprache als antisemitische Anspielungen. Damit bekommen die Darstellungen des Streitgesprächs von Petrus mit dem Ketzer Simon Magnus vor Kaiser Nero sowie des Fluges und Sturzes des Simon Magnus eine deutlich antijüdische Bedeutung, die bislang so nicht bekannt war. Diese scheint mit mittelalterlichen Antichristvorstellungen verbunden zu sein und beinhaltet, dass Juden dem Teufel zuarbeiten und so dessen Anhänger sind.

Insgesamt wurden diese und andere bereits bekannte antisemitische Darstellungen am Kölner Dom erst spät entdeckt. Inzwischen läuft ein Kunstwettbewerb mit 15 Künstlern, der vom Domkapitel angestoßen worden ist. Ziel ist es dabei, ein neues Kunstwerk für den Dom zu schaffen, das gemeinsame christlich-jüdische Geschichte aufgreift und das so ein Gegengewicht zu den vorhandenen antijüdischen Darstellungen am Gotteshaus werden soll.

Traditionell blickt der Kölner Dombaumeister Peter Füssenich in seinem Bericht auf die Arbeiten an der Kathedrale im vergangenen Jahr zurück. Dazu gehörten unter anderem die Restaurierung des Strebewerks und der benachbarten Obergadenwand an der Westseite des Südquerhauses sowie die Restaurierung des mittelalterlichen Trachytmauerwerks am Chorkapellenkranz.

Am Michaelsportal konnte nach zehn Jahren intensiver Restaurierungsarbeit der erste und umfangreichste Bauabschnitt abgeschlossen werden, sodass das Portal von seinem alten Gerüst befreit und wieder sichtbar gemacht werden konnte. Für den nächsten Bauabschnitt, der Restaurierung des Wimpergs, der giebelartigen Bekrönung des Portals, wurde allerdings bereits ein neues Gerüst an der Nordseite des Doms aufgebaut.

Weitere Arbeiten gab es am Westfenstern des Glockenstuhls am Südturm, an den preußischen Kappendecken über den Chorkapellen und bei der Ergänzung von Skulpturen an der Südquerhausfassade. Dazu kam die umweltfreundliche Erneuerung der Außenbeleuchtung des Doms in Zusammenarbeit mit der Rheinenergie. Abgeschlossen werden konnte zudem die Restaurierung der Glasfenster der Pariser Kathedrale Notre Dame.

Ein wertvolles Smaragdkreuz wird in den Kölner Dom geholt

Weitere wissenschaftliche Aufsätze gibt es unter anderem zur Bauzeit der Südturmfundamente, die wohl schon vor dem Abbruch des Alten Doms errichtet worden sind. Außerdem fällt der Blick der Experten auf ein Smaragdkreuz und einen Ring in der Kölner Domschatzkammer. Diese wurden 1769 vom Frankfurter Goldschmied Johann Bernhard Clausius für den Corveyer Fürstabt Philipp von Spiegel geschaffen. Der Schmuck taucht auch auf einem offiziellen Porträt des Kölner Erzbischofs Ferdinand August von Spiegel auf, der 1827 die Objekte für den Kölner Dom gewinnen konnte.

Zudem fällt der Blick im Domblatt auf einen fränkischen Siegelring, der in den merowingischen Gräbern unter dem Dom bei einem sechsjährigen Knaben entdeckt wurde. Er trägt aber, anders als dies bei bisherigen Funden der Fall ist, weder einen Namen noch ein Monogramm, wohl weil der Junge bei seinem Tod noch nicht rituell getauft worden ist und so noch keinen legitimen Namen trug. Ein weiterer Beitrag blickt außerdem auf die verschiedenen französischen Kalksteine, die am Michaelsportal des Doms verbaut worden sind.

Service: Das 300 Seiten umfassende Domblatt ist im Buchhandel zu einem Preis von 28 Euro erhältlich, wird aber auch online beim Kölner Domverlag angeboten.