Köln Freispruch im Kölner Schleuser-Prozess -Politik in der Kritik
Zwei junge Syrer waren angeklagt, für das Ertrinken von mindestens acht Flüchtlingen verantwortlich zu sein. Nun stellt das Gericht ihre Unschuld fest. Der Iraker, der sie anzeigte, kämpft demnach mit unbewältigten Schuldgefühlen.
Köln. Im Kölner Prozess um Menschenschmuggel über das Mittelmeer sind die Angeklagten am Dienstag freigesprochen worden. Für ihre Zeit in Untersuchungshaft erhalten sie Entschädigung. Zuvor hatte die Staatsanwaltschaft ihre Vorwürfe gegen die beiden Brüder fallen gelassen. Die Aussage des Belastungszeugen sei widersprüchlich und nicht plausibel, sagte Oberstaatsanwalt Alexander Fuchs in seinem Plädoyer vor dem Landgericht Köln.
Die beiden Syrer im Alter von 20 und 18 Jahren waren beschuldigt worden, für das Ertrinken von mindestens acht Flüchtlingen auf dem Mittelmeer mitverantwortlich zu sein. Sie selbst stritten jede Beteiligung ab - vielmehr hätten sie selbst bei der Überfahrt über das Mittelmeer in einem Schlauchboot Todesangst ausgestanden.
Als Belastungszeuge war ein 42 Jahre alter Flüchtling aus der irakischen Stadt Mossul aufgetreten. Er hatte bei der Überfahrt über das Mittelmeer im November 2015 nach eigener Aussage seine Frau, seine Tochter und einen seiner beiden Söhne verloren. Er beschuldigte die beiden Brüder, zu der Schleuserbande gehört zu haben. Dabei habe er sich jedoch in eine „Vielzahl von Widersprüchen“ verwickelt, sagte die Vorsitzende Richterin Ulrike Grave-Herkenrath in ihrer Urteilsbegründung.
Zu den Beweggründen des Zeugen sagte sie: „Wir denken, das Ganze erklärt sich auf der Schiene seiner eigenen Schuldgefühle. Der Zeuge hat seine Familie verloren, und er braucht dringend jemanden, dem er einen Teil der von ihm empfundenen Schuld zuweisen kann.“ Er müsse die „anklagenden großen Augen“ seines kleinen Sohnes ertragen.
Verteidiger Frank Seebode machte die Politik für die Dramen auf dem Mittelmeer mitverantwortlich. Der Grund, warum sich so viele Menschen in völlig ungeeigneten Schlauchbooten auf das Meer hinauswagten, habe einen ganz konkreten Grund: Ihre Einreise nach Griechenland sei illegal. Deshalb könnten sie keine sichere Fähre nehmen. (dpa)