Hoch motiviert in die Zukunft

Joshua Michael und Tarik Muhamed Idriss sind die ersten Flüchtlinge, die sich bei Ford über das EQ-Programm für das Berufsleben qualifizieren.

Hoch motiviert in die Zukunft
Foto: Stephan Eppinger

Köln. „Es war ein langer Weg hierher. Da habe ich sechs Jahre verloren, die ich jetzt mit viel Lernen so gut wie möglich wieder aufholen möchte“, sagt Tarik Muhamed Idriss hochmotiviert. 2010 entschloss er sich, alleine seine Heimat Eritrea zu verlassen. „Ich musste zum Militärdienst. Das bedeutet bei uns, ein Leben lang Soldat zu sein und im Krieg zu leben. Das wollte ich nicht“, erklärt der heute 26-Jährige.

Über den Sudan kommt er nach Libyen und von dort bewältigt er mit dem Boot die gefährliche Meerespassage nach Italien. Später erreicht er über Frankreich seine neue Heimat Deutschland. Und auch hier dauert es lange, bis er endlich ins Berufsleben einsteigen kann. „Alleine der Asylantrag hat ein halbes Jahr in Anspruch genommen. Außerdem musste ich ja erst die Sprache lernen. Ich habe viel Zeit verloren, jetzt bin ich aber auf dem richtigen Weg.“

Zusammen mit zwei weiteren Flüchtlingen wurde er bei Ford in das EQ-Programm aufgenommen — ein Vorpraktikum mit dem Ziel, junge Erwachsene so zu schulen, dass sie im Verlauf des maximal elfmonatigen Praktikums eine Lehrstelle, sei es bei Ford oder bei einem anderen Unternehmen, finden. Für Tarik Muhamed Idriss hat sich dieses Angebot nach knapp drei Monaten schon ausgezahlt — er hat gerade bei Ford eine Umschulung als Industriemechaniker begonnen.

Diesen Weg hat der in Pakistan geborene Joshua Michael, der mit seiner Familie mit dem Flugzeug von Karaci über Dubai nach Frankfurt kam, noch vor sich. „Eigentlich wollte ich gerne an die Uni, aber mein Abitur wird hier leider nur als Realschulabschluss anerkannt. Deshalb habe ich mich für eine Ausbildung als Kfz-Mechatroniker entschieden und suche aktuell noch eine Stelle“, sagt der 20-Jährige.

Seit März sind er und die beiden anderen Teilnehmer die ersten Flüchtlinge, die am EQ-Programm teilnehmen, das es bereits seit 1974 gibt. „Ein Teilnehmer hat das Programm bereits beendet, weil er einen Ausbildungsplatz in Aussicht hat“, berichtet Volker Theißen, der bei Ford den Bereich Aus- und Weiterbildung leitet. Zum nächsten Programmstart im Oktober wird das Programm um weitere 24 Plätze aufgestockt, die speziell für Flüchtlinge reserviert werden. Zum Programm gehören sozialpädagogischer Unterricht sowie Unterricht an der Berufsschule. Drei Tage in der Woche arbeiten die Teilnehmer im Betrieb mit. Für die teilnehmenden Flüchtlinge gibt es zusätzlich noch Deutschunterricht.

Joshua Michael und Tarik Muhamed Idriss sind vom Programm überzeugt: „Das spielt eine große Rolle auf dem Weg zu meinem Traumberuf. Mein Deutsch ist besser geworden und ich habe viele andere junge Leute kennengelernt, aber auch Mitarbeiter, die schon 30 Jahre bei Ford sind — das sind Vorbilder für mich. Gut war das auch für meine Zuverlässigkeit. Der Tag fängt bei uns sehr früh an, aber ich bin noch nie zu spät gekommen“, sagt Idriss.

Der Kontakt zu den Kollegen gefällt dem 26-Jährigen: „Die sind alle sehr nett, man respektiert sich. Und wenn man einen Fehler gemacht hat, bekommt man keinen Ärger, sondern Tipps, wie man es richtig macht.“ Auch sein Kollege ist begeistert: „Ich habe viele Erfahrungen gesammelt. Vorher habe ich noch nie gearbeitet und musste auch den Umgang mit den Leuten in einem fremden Land erst lernen. Das Interesse für die Arbeit mit Autos ist außerdem deutlich gestiegen.“

Positiv fällt auch das Resümee von Ausbilder Yusuf Biçer aus, der die beiden beim EQ-Programm betreut: „Das war eine sehr gute Erfahrung. Anfangs hatte ich Bedenken wegen der Sprache, das hat sich aber sehr schnell geändert. Die Zusammenarbeit ist sehr angenehm. Manchmal würde ich mir wünschen, dass die anderen EQ-Teilnehmer auch mit so einer Motivation an die Sache ran gehen. Das wirkt sich durchaus positiv auf die Gruppe aus.“

Von seiner neuen Heimat Köln ist Idriss sehr angetan: „Europa ist ganz anders als Afrika — das betrifft das Wetter genauso wie die Kultur. Das Wichtigste ist aber die Sicherheit in einem demokratischen Land. Außerdem sind die Leute in Köln sehr nett und helfen einem sehr. Köln ist für mich die beste Stadt in Deutschland. Ich habe ja auch andere Orte hier kennengelernt.“ Zu seiner Familie in Eritrea ist der Kontakt dagegen sehr schwer, da dieser auch immer ein Risiko für die Familie bedeutet. „Ich kann nur Leuten, die dorthin fahren, Briefe mitgeben und bekomme so auch wieder die Antwort. Das ist aber ziemlich kompliziert.“