Vorschau Monumentale Klassik und ein außergewöhnliches Streichquartett

Köln · Das Programm in der Philharmonie reicht im April von monumentalen Opernwerken bis zur hochkarätigen Kammermusik, von Shootingstars der Klassikszene bis zu renommierten Instrumentalisten. Mit Sir Simon Rattle kommt auch ein Stardirigent an den Rhein.

 Ende April kommt mit Brooklyn Rider ein ungewöhnliches Streichquartett in die Kölner Philharmonie.

Ende April kommt mit Brooklyn Rider ein ungewöhnliches Streichquartett in die Kölner Philharmonie.

Foto: KölnMusik GmbH/Marco Giannavola


Monumentale Klassik: Die Komponisten der Spätromantik mochten es monumental, sowohl was die Länge ihrer Werke anging als auch die Orchesterbesetzung. Das gilt für Wagners Mammutoper „Tristan und Isolde“ ebenso wie für Strauss’ prächtige Tondichtung „Also sprach Zarathustra“. Deren Beginn mit den majestätischen Paukenschlägen, strahlenden Trompeten und einem grandiosen Orchestertutti gehört zu den bekanntesten Werken der Klassik überhaupt und diente schon Stanley Kubrick als Soundtrack für seinen Monumental-Streifen „2001: Odyssee im Weltraum“. Und auch Wagners Vorspiel zu „Tristan und Isolde“ wurde wegen seiner so eigentümlichen und intensiven Emotionalität nicht selten als cineastische Klangkulisse verwendet, zum Beispiel in der bildgewaltigen Eröffnungssequenz von Lars von Triers „Melancholia“. Eingerahmt von diesen beiden Titanen sind sieben Lieder von Mahlers Frau Alma, arrangiert für großes Orchester von Colin und David Matthews. Termin: 5. April 20 Uhr.

Kammermusik: Wenn Isabelle Faust, Jean-Guihen Queyras und Alexander Melnikov aufeinandertreffen, kann sich das Publikum auf besondere Konzertmomente freuen. Denn die drei sind nicht nur für ihre ausgefallenen Programme bekannt, sondern auch für Kammermusik auf allerhöchstem Niveau. Dass sie seit Jahren intensiv miteinander arbeiten, ist die Grundlage für ihre tiefschürfenden Interpretationen, weil jedes noch so kleine Zahnrad im feinen Kammermusikuhrwerk seinen Platz findet. Voller überraschender Stimmungswechsel steckt zum Beispiel „Epigrams“, das letzte Werk von Elliott Carter, ein kleines Kuriosum ist Ludwig van Beethovens Sinfonie Nr. 2, die in einer Bearbeitung für Klaviertrio erklingt. Das großartige Klaviertrio von Johannes Brahms erklingt in seiner zweiten Fassung. Termin: 7. April, 11 Uhr.

Oster-Oratorium: Maarten Engeltjes hat sich weltweit als Countertenor einen Namen gemacht. Mit dem Vlaams Radiokoor und seinem eigenen Barockorchester PRJCT Amsterdam, das er auch dirigiert, präsentiert er österliche Musik von Johann Sebastian Bach. Als Vierjähriger begann Engeltjes in einem Knabenchor zu singen. Mit 13 kamen der Stimmbruch und die Entscheidung, sich als Countertenor ausbilden zu lassen, als solcher gab er 16-Jähriger sein Debüt in Bachs Matthäus-Passion. In Köln bietet Engeltjes das Oster-Oratorium Bachs und die frühe Bach-Kantate „Christ lag in Todes Banden“ dar. Termin: 7. April, 20 Uhr.

Shootingstars: Beide darf man als absolute Shootingstars bezeichnen. Der Finne Santtu-Matias Rouvali ist seit 2021 Chefdirigent des Philharmonia Orchestra. Und genau in jenem Jahr begann für den Kanadier Bruce Liu mit dem Sieg beim Warschauer Chopin-Wettbewerb die Weltkarriere. Zwei russische Klassiker stehen jetzt auf dem Programm. Liu spielt Sergej Rachmaninows 2. Klavierkonzert. Leichtes Tschaikowsky-Melos besitzt danach sogar die 10. Sinfonie von Schostakowitsch. Termin: 11. April, 20 Uhr.

Brasilianisches Mandolinenspiel: „Bandolim“ heißt Mandoline auf Portugiesisch. Und der größte Poet unter den Mandolinenspielern Brasiliens ist Hamilton de Holanda, der wie kein zweiter dem Instrument bislang ungeahnte Klänge entlockt. Nur acht Saiten auf der Mandoline? Nein, das ist nichts für Hamilton de Holanda. Dem 47-jährigen Musiker aus Rio de Janeiro sind gerade zehn Saiten genug, um seine Vorstellung von einem Instrument, das sowohl harmonische wie auch rhythmische Facetten zum Ausdruck bringen soll, zu verwirklichen. Das wird dem so unglaublich komplexen Werk eines Antônio Carlos Jobim, dem sich Holanda mit seinem Trio kühn und virtuos nähert, nur gerecht. Selten lässt sich die Bossa nova à la Jobim intensiver erleben. Termin: 20. April, 20 Uhr.

Stardirigent: Witz, Wehklage, Weltschmerz. Sir Simon Rattle, stets energiegeladen, spannt wieder einen klangmächtigen Bogen: von der jazzigen Humoreske über ausdrucksstarke Vertonungen schwarz-afrikanischer Lyrik bis hin zum rauschenden Kollaps der Leidenschaften. Lustvoll formte Paul Hindemith in seinem „Ragtime“ eine Bach-Fuge zum groovenden Marsch. Mit Hingabe goss Alexander Zemlinsky die Poesie amerikanischer People of Color in Töne: lyrisch, zornig, visionär. Und Gustav Mahler schwankte in seiner 6. Sinfonie schwelgerisch zwischen Hoffnung und Hoffnungslosigkeit. Ein emotionaler Parforceritt mit dem Symphonieorchester des Bayerischen Rundfunks. Termin: 22. April, 20 Uhr.

Finnisches Akkordeonspiel: Der finnische Akkordeonist Kimmo Pohjonen ist ein Virtuose auf seinem Instrument. Aber „Zone“ hat nichts mehr mit den Vorstellungen von Virtuosität zu tun. Für das Stück verwandelt es Pohjonen in eine hämmernde und jubilierende Klangmaschine, die ihm als Performer alles abverlangt. Pohjonen hat in den letzten 20 Jahren seine ganz eigene Musiksprache für das Akkordeon entwickelt. Termin: 27. April, 20 Uhr.

Brooklyn Rider: Von wegen: das Streichquartett, eine Formation von gestern. Wer nach Gegenbeweisen sucht, wird beim Brooklyn Rider fündig, der im Jazzclub ebenso heimisch ist wie im Konzertsaal. Es steht für eine zeitgemäße, moderne Form von Quartettspiel. Die Brooklyn Rider haben „die 300 Jahre alte Form des Streichquartetts neu als ein lebendiges, kreatives Ensemble des 21. Jahrhunderts“ geschaffen, so befindet das National Public Radio. Sie wurden sogar mit „Motocross-Draufgängern“ verglichen, „denen jeder Stunt gelingt“. Jedenfalls unterziehen die vier Streicher-Rider eine der etabliertesten Gattungen der Musikgeschichte allzu gern eine Frischzellenkur. Termin: 28. April, 20 Uhr.