Türkei-Beitritt: „Mulmiges Gefühl“ wegen EU-Erweiterung

Wolfgang Bosbach (CDU) gehört zu den Skeptikern.

Burscheid. Eine lebhafte und kontrovers geführte Diskussion zum sensiblen Thema "EU-Beitritt der Türkei" wollte am Dienstagabend nicht zustande kommen. Stattdessen erzählte CDU-Fraktionsvize Wolfgang Bosbach gegen Ende seines 90-minütigen Vortrags Anekdötchen aus dem Leben eines Spitzenpolitikers. Nicht ohne komödiantische Ansätze, die den Zuhörern in der Buchhandlung Ute Hentschel ein breites Grinsen ins Gesicht trieben.

Dass es nicht zum Austausch von gegensätzlichen Meinungen kam, lag einerseits an den plausiblen Erklärungen Bosbachs. Andererseits fehlte es schlichtweg an türkischen Besuchern, die sich ausnahmslos dem Vortrag fernhielten. Schade, wie auch Veranstalterin Ute Hentschel bemerkte. Eine Mitarbeiterin, die selbst mit einem Türken verheiratet sei, habe sich bewusst gegen eine Teilnahme an der Runde entschieden, weil sie befürchtete, "sich nur zu ärgern".

Bosbach machte keinen Hehl daraus, dass er "ein mulmiges Gefühl" dabei habe, wenn sich die Europäische Union noch weiter ausdehne. Wenn nach 60 Jahren Verhandlung die Türkei aufgenommen werden sollte, könne man bei allen übrigen Staaten kaum Nein sagen.

Rein geografisch gesehen gehöre die Türkei mit nur drei Prozent europäischer Landfläche eigentlich nicht zu Europa. Auch der fremde Kulturkreis ist laut Bosbach ein Argument gegen einen Beitritt, das allerdings auch für Russland gelte. "Die EU darf sich nicht übernehmen und Lasten aufnehmen, die irgendwann nicht mehr zu tragen sind."

Eine Erweiterung der EU-Grenzen hat nach Auffassung des CDU-Politikers auch Auswirkungen auf den hiesigen Arbeitsmarkt. Die mit der Mitgliedschaft einhergehende Niederlassungsfreiheit ausländischer Unternehmer führe schon jetzt dazu, dass beispielsweise deutsche Fliesenleger nicht mehr mit polnischen konkurrieren können. "Wir müssen aufpassen, dass es nicht zu Verwerfungen auf dem Arbeitsmarkt kommt."

Bosbach hatte der Zuhörerschaft aber auch Positives zu berichten. So bemühe sich die Türkei seit Jahren, die Beitrittsbedingungen zu erfüllen und mache Fortschritte, auch in Sachen Menschenrechten. "Trotzdem sind sie noch weit entfernt von dem Standard, den wir verlangen." Besonders bedrohlich sei bei einer Erweiterung die Sicherheitslage an den Außengrenzen der EU; Nachbarn wie Iran, Irak und Syrien seien "wenig vertrauenserweckend". Und als Brücke in den Nahen Osten könne die Türkei nicht dienen, da sie für diese Länder kein Vorbild sei. Die ideale Lösung sieht Bosbach in einer privilegierten Partnerschaft.