Umwelt in Düsseldorf Warum die Erle die Königin der Bäume ist

Düsseldorf · Vor 90 Jahren wurde der Eller Forst zum ersten Naturschutzgebiet in Düsseldorf ernannt. Hier kann nur eine Baumart überleben.

Ein Spaziergang im Naturschutzgebiet Eller Forst reinigt die Seele und erdet den Menschen.

Foto: Marc Ingel

Im Südosten von Düsseldorf, eingebettet zwischen den Ortsteilen Eller, Vennhausen und Unterbach, liegt ein in mehrfacher Hinsicht bemerkenswertes und als solches nicht immer wahrgenommenes Naturschutzgebiet – der Eller Forst. Bereits 1935 wurden Teile des Waldes als „Vogelfreistätte“ („zum Zwecke der Sicherung als Brut-, Futter- und Raststätten der Vögel“) unter Schutz gestellt. Damit ist der Eller Forst das älteste Naturschutzgebiet im heutigen Stadtgebiet. Mittlerweile erstreckt sich das Naturschutzgebiet über 95 Hektar, also etwa einen Quadratkilometer Fläche. Besonders interessant ist das Gebiet durch die Vielseitigkeit der alten Waldbestände, der freien Feuchtwiesenflächen und der benachbarten Wasserflächen des Unterbacher Sees.

Im Inneren des Eller Forstes haben sich auf sumpfigen Böden besondere Waldformen – die so genannten Erlenbruchwälder – erhalten. Aus alten Aufzeichnungen ist bekannt, dass noch vor 300 Jahren solche sumpfigen Gebiete von Unterbach über Gerresheim bis nach Mörsenbroich reichten. Im Laufe der Jahrhunderte wurden sie aber im Rahmen der Stadtentwicklung entwässert und verschwanden mehr und mehr. Das auch im Eller Forst bereits existierende Grabensystem wurde vor etwa 20 Jahren wieder geschlossen, da eine Entwässerung den Charakter des Schutzgebietes massiv bedroht hätte.

Seit 1935 ist der Eller Forst Naturschutzgebiet.

Foto: Marc Ingel

Im Erlenbruchwald steht das Grundwasser so hoch, dass in den Wintermonaten oft wochenlang die Bäume von Wasser oder Eisflächen umgeben sind. Allein die Erle hält diesen hohen Wasserstand auf Dauer aus. Die Wurzeln anderer heimischer Baumarten, wie zum Beispiel der Buche, ertrinken unter gleichen Bedingungen förmlich im Wasser. Nur auf etwas trockeneren Partien finden sich neben der Erle auch Eiche, Esche und Hainbuche.

Die Gräben und Tümpel dieses Erlenbruchwaldes sind ein Paradies für Amphibien. Molche, Erdkröten und Grasfrösche finden hier eine ideale Kinderstube. Mit etwas Glück sieht man Graureiher, Sumpfmeise, Zaunkönig, Habicht oder andere der 41 Brutvogelarten, die im Eller Forst vorkommen. Auch die Pflanzenwelt hat einige Besonderheiten zu bieten – wie zum Beispiel die Schwertlilie und die sehr seltene Wasserfeder, die auf der Roten Liste der vom Aussterben bedrohten Pflanzenarten steht.

Nur die Erle hat in diesem Wald wirklich Überlebenschancen.

Foto: Marc Ingel

Wandert man parallel zur Rothenbergstraße über den so genannten Siebenbrückenweg, verlässt man bald den geschlossenen Wald und erreicht eine große freie Feuchtwiese mit Röhricht und Seggenarten. Hier brütet im Frühjahr der Teichrohrsänger, und nicht selten kann man in den frühen Morgenstunden auch ein Reh oder einen Fuchs beobachten, solange das Gras noch nicht zu hoch gewachsen ist.

Der Unterbacher See ist ein Biotopkomplex für Wasservögel

Auch die Brücken im Eller Forst sind teilweise steinalt und zeugen von der Entwicklung des Waldes in den vergangenen Jahrzehnten.

Foto: Marc Ingel

Mit dem zwischen 1926 und 1973 entstandenen Unterbacher See ist ein Biotopkomplex von überregionaler Bedeutung für Wasservögel geschaffen worden. Vor allem im Winter, wenn die Freizeitnutzung des Sees nachlässt, können viele europäische Vogelarten beobachtet werden, die den See als Überwinterungsstätte besuchen. Dies sind zum Beispiel Schellente, Schnatterente, Pfeifente, Zwergsäger und Silberreiher. Dagegen sind ehemals in den Feuchtwiesen vorkommende Arten wie die Bekassine inzwischen nicht mehr zu finden, weil an dieser Stelle heute der See liegt.

Auch für Insekten hat das Gebiet eine sehr hohe Bedeutung. Neben der Sumpfschrecke und dem Sumpfgrashüpfer, die in Düsseldorf fast nur in diesem Gebiet anzutreffen sind, finden sich seltene Schmetterlingsarten wie der Ulmenzipfelfalter oder Büttners Schrägflügeleule. Viele dieser Arten kommen nur hier vor, da immer noch eine größere Fläche des Niedermoores erhalten ist. Den Mooren kommt in Zeiten des Klimawandels eine hohe Bedeutung zu, da intakte Moore Kohlenstoff dauerhaft binden und im Moorkörper festlegen.

Im Erlenbruchwald steht das Grundwasser so hoch, dass im Winter oft wochenlang die Bäume von Wasser oder Eisflächen umgeben sind.

Foto: Marc Ingel

Mit dem Ankauf des Eller Forstes durch die Stadt Düsseldorf im Jahr 1968 begann die Abkehr von der intensiven forstlichen Nutzung zu einer ökologisch orientierten Bewirtschaftung unter Beachtung der Bedeutung des Eller Forstes als wichtiges Naherholungsgebiet für die Düsseldorfer Bürger. Ziel aller rein waldbaulichen Maßnahmen war die Förderung eines naturnahen Laubwaldes, angepasst an die kleinräumig unterschiedlichen Standortverhältnisse.

Seit dem Jahr 2000 werden mehr als 77 Hektar des Naturschutzgebietes als Referenzfläche ausgewiesen und nicht mehr bewirtschaftet. Ziel ist es, die Waldfläche ihrer natürlichen Entwicklung zu überlassen, den Entwicklungsprozess zu beobachten und zu späterer Zeit Vergleiche mit konventionell bewirtschafteten Wäldern herzustellen. Schon jetzt zeigen sich im Eller Forst „urwaldähnliche“ Waldbilder und erste Rückschlüsse auf das Verjüngungspotenzial der Waldbäume können hergestellt werden.

All diese Maßnahmen werden als großer Erfolg einer ökologisch orientierten Waldbewirtschaftung bewertet. Trotz veränderter Landschaft fühlt sich die Natur offenbar wohl im Düsseldorfer Osten.

Dass dies so ist, ist sicher auch auf den Landschaftsplan der Stadt zurückzuführen. Der Landschaftsplan als rechtsverbindliche Ortssatzung wurde in den 1980er Jahren entwickelt. Ziele sind der Schutz, die Pflege und die Entwicklung von Natur und Landschaft. Durch die Ausweisung von Natur- und Landschaftsschutzgebieten, Naturdenkmalen und geschützten Landschaftsbestandteilen sorgt er für einen essentiellen Schutz der natürlichen Lebensgrundlage.

(arc rö)