Adis Selimi tritt im Düsseldorfer Süden an Ein Philosoph mit handfesten Zielen

Düsseldorf · Er ist 30, hat einen Doktortitel und tritt im Düsseldorfer Süden für die SPD an. Was Adis Selimi antreibt und für welche Themen er sich im Bundestag gerne engagieren würde.

Adis Selimi tritt für die SPD im Düsseldorfer Südwahlkreis an.

Foto: Bretz, Andreas (abr)

Um Migration wird aktuell sehr viel gestritten in Deutschland, nicht nur im Bundestag. In Düsseldorf stellte sich Oberbürgermeister Stephan Keller (CDU) gegen die Entscheidung seines Parteichefs Friedrich Merz, einen Antrag mit Stimmen der AfD durchzubringen.

Es sind denkwürdige Tage in der deutschen Politik, das sieht auch Adis Selimi so. Ihm fällt es schwer, sich eine mögliche „Groko“ seiner SPD mit der CDU vorzustellen. Er wirft Merz, der zuvor eine Zusammenarbeit mit der AfD ausgeschlossen hatte, Wortbruch vor. Und er zitiert den sozialdemokratischen Kanzler Helmut Schmidt, der im Wahlkampf über seinen Widersacher Franz-Josef Strauß sagte: „Dieser Mann hat keine Kontrolle über sich und deshalb darf er erst recht keine Kontrolle über unseren Staat bekommen.“ Das Zitat passt auch zum aktuellen Vorsitzenden der Christdemokraten, findet Selimi.

Schmidt sagte den Satz 1980, Bonn war die Bundeshauptstadt, und es waren noch 14 Jahre bis zur Geburt von Adis Selimi im Düsseldorfer EVK. Selimi, der heute mit seiner Freundin in Pempelfort lebt, würde gerne bald auch eine kleine Wohnung in Berlin beziehen. Und zwar, falls er am 23. Februar im südlichen Bundestagswahlkreis in der Landeshauptstadt die meisten Stimmen holt. Dort sind Sara Nanni (Grüne), die bereits im Parlament sitzt, und Johannes Winkel (CDU) seine größten Konkurrenten.

Winkel, dem Bundesvorsitzenden der Jungen Union, werden aktuell die größten Chancen eingeräumt, den Wahlkreis zu gewinnen. Selimi aber glaubt an seine Chance, und das muss er auch, denn sein Platz 59 auf der Reserveliste wird für einen Einzug ins Parlament nicht reichen. „Andreas Rimkus hat den Südwahlkreis zuletzt direkt für die SPD geholt, das Potenzial ist also da“, sagt der 30-Jährige.

Adis Selimi ist, wie sein Name nahelegt, ein typischer Europäer und damit auch typisch deutsch, wenn denn die Weltoffenheit nach wie vor ein Merkmal des Landes darstellt. Der Vorname ist bosnisch, was mit der Herkunft seines Großvaters zu tun hat, der Ende der sechziger, Anfang der siebziger Jahre der Arbeit wegen nach Deutschland kam. Der Kohlebergbau zog ihn zunächst nach Aachen und dann nach Kamp-Lintfort. Selimis Mutter kam im Rahmen des Familiennachzugs nach Deutschland. Der Vater ist Kosovo-Albaner und Selimi ist ein albanischer Name, sodass sich die Herkunft beider Eltern in seinen Namen wiederfindet. Der Vater kam vor dem Ausbruch des Balkan-Kriegs nach Deutschland. Er ist Malermeister, war zunächst angestellt und ist seit rund 20 Jahren selbstständig. Er hat seinen Betrieb in Wersten.

Adis Selimi hat Philosophie und Geschichtswissenschaften in Düsseldorf studiert und an der Heinrich-Heine-Universität (HHU) im Sommer seine Doktorarbeit abgeschlossen. Die Herkunft der Eltern und der Zerfall Jugoslawiens in den 1990er-Jahren vor Augen erstaunt deren Thema nicht: Selimi ist mit einer Arbeit über die politische Philosophie der Staatenanerkennung promoviert worden.

Vor der SPD war er schon
bei den Jusos aktiv

Der 30-Jährige arbeitet als Dozent an der HHU, er unterrichtet Studierende des Masterstudiengangs Philosophy & Economics, der Philosophie und Wirtschaftswissenschaften verbindet.

Wenn man Adis Selimi nach Lieblingsphilosophen fragt, fällt schnell der Name John Rawls. Den US-Philosophen hat er im Rahmen seines Studiums kennengelernt, aber er gilt ihm auch politisch als Leitstern. Der Harvard-Professor hat mit seiner Theorie zur Gerechtigkeit weltweit Einfluss ausgeübt. Selimi zitiert ihn mit dem Satz, soziale und ökonomische Ungleichheiten sollten so beschaffen sein, dass sie zum größten Vorteil der am schlechtesten Gestellten sind. Selimi empfindet den Gelehrten als Sozialdemokraten.

Mit 22 Jahren ist Selimi in die SPD eingetreten (nach der ersten Wahl von Donald Trump zum US-Präsidenten), zuvor war er bereits bei den Jusos aktiv. Er hat Wahlkampf für Hannelore Kraft gemacht und 2020 im Kommunalwahlkampf für die Düsseldorfer SPD. Damals verlor Thomas Geisel gegen Stephan Keller (CDU), und Selimi merkt mit verhaltenem Lächeln an, schon damals habe sich Geisel größte Mühe gegeben, sich von der SPD zu distanzieren.

Das verhaltene Lächeln und eine ruhige Art zu sprechen kennzeichnen Adis Selimi, und dazu passt, dass er Willy Brandt zwar besonders schätzt, aber noch mehr Helmut Schmidt, und er dabei betont, ihn fasziniere dessen ruhige, staatsmännische Art. Sein Wahlkampf steht unter dem Motto „Sicherheit und Zusammenhalt“. Er dekliniert die SPD-Ziele wie eine Erhöhung des Mindestlohns, Entlastungen bei der Einkommenssteuer für niedrige und mittlere Einkommen sowie Investitionen in die Infrastruktur (mit Lockerung der Schuldenbremse). Und er will die Bundeswehr stärken.

Sollte der Düsseldorfer Abgeordneter werden, ist für ihn nicht die Sozialpolitik Favorit, sondern die Außen- und Sicherheitspolitik. In diesen Ausschüssen würde er am liebsten arbeiten. Wer aber denkt, Selimi turne nur am intellektuellen Hochreck, täuscht sich. Als Hobby gibt er Videospiele an, bei Nintendo nennt er den guten alten Super Mario und Zelda, bei der Xbox Rollenspiele wie „Final Fantasy“. Mal sehen, wie es für ihn ausgeht: Showdown am 23. Februar.

(ujr)