Kunst in Düsseldorf Eine unangepasste Persönlichkeit
Düsseldorf · Mit gleich drei Ausstellungen wurde der 100. Geburtstag von Sigrid Kopfermann gefeiert. Im April folgt in Oberkassel noch die Werkschau von Herbert Egl, der mit dem „Sigrid-Kopfermann-Preis für Malerei“ ausgezeichnet wurde.
Sie zählt zu den bedeutendsten Malerinnen der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts: Sigrid Kopfermann, Enkelin des Flugpioniers Otto Lilienthal. Die Künstlerin, die in erster Ehe mit dem Maler Egon Neubauer verheiratet war, zog mit 42 Jahren nach Düsseldorf, wo sie den Kommunalpolitiker, Juristen und Kunstsammler Otto Fuhrmann heiratete. Auch wenn es Sigrid Kopfermann immer wieder in die Ferne zog und sie insbesondere zu längeren Malaufenthalten nach Südfrankreich, in die USA oder nach Peru aufbrach, blieb Kopfermann Düsseldorf und den Düsseldorfer Künstlerinnen und Künstlern verbunden. 2003 gründete sie die Kopfermann-Fuhrmann-Stiftung in ihrem Wohnhaus in Oberkassel an der San-Remo-Straße 6. Zu diesem Zeitpunkt war ihr Mann Otto Fuhrmann bereits neun Jahre tot. Kopfermann starb im Juni 2011, fünf Tage vor ihrem 88. Geburtstag.
Anlässlich ihres 100. Geburtstags waren ihre Werke im Vorjahr bereits in der Düsseldorfer Galerie Franz Swetec sowie im Stadtmuseum Düsseldorf zu sehen. Außerdem wurde die Ausstellung „Das Frühwerk“ im Stiftungshaus in Oberkassel mit Werken, die zwischen Abstraktion und Gegenständlichkeit schwanken, bis November gezeigt.
„Sigrid Kopfermann war eine äußerst unangepasste Persönlichkeit, die nicht die Kategorien des Abstrakten bediente. Bei ihr verschränken sich Bohème und Bürgerlichkeit. Sie wird gerne in einem Atemzug mit Karl Otto Götz, Emil Schumacher und Fred Thieler genannt“, erklärt Peter Ulrich Hein. Der Kunstwissenschaftler nutzte die Gelegenheit bei der Finissage im Stiftungshaus, seine Monographie über die Düsseldorfer Malerin vorzustellen und im Gespräch mit deren Weggefährtinnen – Annette Wimmershoff, Beatrix Sassen und Heidi Lerche-Renn – zurück und in die Zukunft zu schauen.
„Mit der Aufmerksamkeit, die Sigrid Kopfermann gezollt wird, erlebt die Gründergeneration der weiblichen Künstler gerade eine Renaissance“, hat Jan Kolata, Düsseldorfer Maler und diesjähriger „Die Grosse“-Kunstpreisträger, der ebenfalls Mitglied der Kopfermann-Fuhrmann Stiftung ist, beobachtet.
Im Nachgang zum 100. Geburtstag von Sigrid Kopfermann – und damit schließt sich der Kreis der Feierlichkeiten – kommt es im April in diesem Jahr noch zur Ausstellung des Preisträgers des „Sigrid-Kopfermann-Preises für Malerei“, der mit 10.000 Euro dotiert ist. Die Jury hat sich unter neun Künstlern und Künstlerinnen für Herbert Egl entschieden. So trägt das Vermächtnis der Malerin auch noch im 21. Jahrhundert Früchte für die Künstler und Künstlerinnen nachfolgender Generationen.
Und es gibt ja auch noch die Stiftung, die 2023 ihr 20-jähriges Bestehen feierte. Mit dem Anliegen, Kunst und Kultur zu fördern und Interesse insbesondere für die bildenden Künste zu wecken, gründete Sigrid Kopfermann 2003 die Kopfermann-Fuhrmann-Stiftung. Diese zeigt, begleitet von Konzerten und Lesungen, in wechselnden Ausstellungen das Œuvre der Gründerin sowie Werke von ihren Weggefährten und von zeitgenössischen Künstlern. Auch der Sitz der Stiftung ist ein besonderer. Wer an der San-Remo-Straße 6 verkehrte, spürte Feinsinn und Freigeist, die sich dem Gewöhnlichen bewusst gegenüberstellten. In entspannter Salonatmosphäre trafen unterschiedliche Temperamente und Positionen aufeinander, vereinte sich die Suche nach Neuem mit Respekt und Verständnis für das Bewährte.
Die Gastgeber in Oberkassel waren Sigrid Kopfermann und Otto Fuhrmann. Sie: die weitgereiste und nur in ihren Bildern laute Künstlerin. Er: der Jurist, Finanzexperte und Kommunalpolitiker, ein belesener Fachmann für Kunst und Geschichte. Sie: die Vertreterin der Moderne. Er: der Sammler von Antiquitäten, vor allem des 17. und 18. Jahrhunderts. Pulsierender könnte eine Beziehung wohl kaum gewesen sein, die in ihrer herausfordernden Gegensätzlichkeit das Bürgerhaus in Oberkassel zu einem außergewöhnlichen Resonanzraum machte. So beschreibt Esther Schulhoff, Vorsitzende des Kuratoriums der Kopfermann-Fuhrmann Stiftung, das allenfalls auf den ersten Blick ungleiche Paar.