Aussteiger-Projekt für Salafisten

Das Land testet ein neues Programm unter anderem in Düsseldorf — weil die Strukturen gut sind.

Düsseldorf. Rasanten Zuwachs verzeichnet die Szene so genannter Salafisten in NRW — das hat in dieser Woche der Verfassungsschutzbericht des Innenministeriums aufgedeckt. Besonders alarmierend sei die steigende Zahl radikalisierter junger Männer, die den Dschihad unterstützen wollen. Erst Ende Mai wurde auch ein angeblicher Fall aus Düsseldorf bekannt: Kerim B. kämpft laut Medienberichten jetzt in Syrien.

Deshalb hat Innenminister Ralf Jäger (SPD) ein Präventionsprogramm aufgelegt, mit dem die Radikalisierung junger Muslime frühzeitig erkannt werden soll, um gegensteuern zu können. „Wegweiser“ soll das Projekt heißen, das in drei Städten als Pilot starten soll: neben Bochum und Bonn auch in Düsseldorf.

Das Land wird die Stelle des „Wegweisers“ finanzieren, der bestehende Angebote in der jeweiligen Stadt vernetzt und an Aussteiger aus der radikalen Szene vermittelt. „Er soll als Ansprechpartner vor Ort fungieren“, erklärt Ministeriumssprecher Jörg Rademacher. Auch Eltern oder Freunde eines Betroffenen könnten sich an ihn wenden, wenn sie ein Abdriften bemerken. „Die Auswahl des ,Wegweisers’ erfolgt gemeinsam mit den örtlichen Partnern.“

Und daran arbeitet man in Düsseldorf derzeit. „Das Projekt steht noch ganz am Anfang“, sagt Volker Paulat vom Amt für Kommunikation. Er stellt auch klar, dass Düsseldorf für das Pilotprojekt nicht etwa ausgewählt wurde, weil das Problem hier besonders drängend ist: „Düsseldorf ist keine Hochburg des Salafismus.“

Das sieht auch Polizeipräsident Herbert Schenkelberg so. Man habe im Gegenteil sogar festgestellt, dass der Zulauf von so genannten Wanderpredigern, die eine besonders konservative oder auch fundamentalistische Auslegung des Koran verbreiten, wieder abnehme. In einem Fall habe sich ein solcher Prediger in einer Moschee angekündigt, der Vorstand schaltete den Kontaktbeamten der Polizei für die Muslime, Dirk Sauerborn, ein — und der „Gast“ sagte gleich wieder ab. „Diese Aufmerksamkeit, der Wille zur Zusammenarbeit ist für Wanderprediger kein guter Nährboden“, sagt Schenkelberg.

„Der Innenminister hat Düsseldorf ausgesucht, weil es hier bereits bestehende Strukturen gibt“, glaubt er deshalb. Als beispielgebend weit über die Stadtgrenze hinaus gilt heute die „Düsseldorfer Erklärung“, in der sich 2007 Vertreter der Muslime zu Demokratie und Frieden bekannten. Die Polizei arbeitet mit ihnen bei einem Runden Tisch seither sehr eng zusammen.

Das Wegweiser-Projekt gehe nun noch „einen Schritt weiter“, sagt Schenkelberg. Es schaffe eine komplette Vernetzung von Ämtern, Polizei, Schulen, Jugendeinrichtungen und auch Moscheen — denn ganz besonders wichtig sei es bei diesem Thema, die Imame einzubeziehen, die den betroffenen Jugendlichen eine gemäßigtere Auslegung der Religion nahebringen können. Denn: „Die Sorge, dass Jugendliche in die Radikalisierung abdriften, müssen wir auch hier haben“, so der Polizeipräsident.

„Wegweiser“ könnte demnach eine Chance sein. Und Modellcharakter haben. Hat das Projekt Erfolg in den Modellstädten, so Rademacher vom Innenministerium, „dann soll es sich ausweiten“.