Baukunst: Originell statt brav und bieder

Jetzt wird Baukunst zum Event. Beim Tag der Architektur darf das Publikum fragen und staunen. Wir sprachen mit Christof Rose.

Herr Rose, der Tag der Architektur findet nun schon zum 18. Mal statt. Was macht ihn so attraktiv?

Rose: Die Leute dürfen für ein paar Stunden hinter die Fassade eines privaten Bereichs gucken, der ihnen normalerweise verwehrt ist. Architekten oder Bauherren sind gesprächsbereit, das ist ungemein reizvoll. Die Besucher können Fragen zur Gestaltung, zu Energiekosten, zum Umbau oder Dachausbau stellen. Der Tag der Architektur ist eine große Info-Börse.

Die Zeit der neuen Baustile ist vorüber. Ein brillantes Gebäude wie der Kö-Blick des Christoph Ingenhoven ist die Ausnahme. Sind die Baumeister brav und bieder geworden?

Rose: Nein, ganz im Gegenteil, es gibt interessante Ansätze zu neuen Konzepten. Das Kunststück ist, auf immer kleineren Flächen originelle Lösungen zu finden.

Wo wird das meiste Geld verbaut?

Rose: 60 Prozent der Bausumme fließt in den Bestand. Seit über zehn Jahren ist das schon so. Deutschland hat ja glücklicherweise keine Kriege mehr. Heute müssen die bestehenden Gebäude vor allem zukunftsfähig gemacht weden.

Steht die Nachverdichtung an erster Stelle der aktuellen Bauaufgaben?

Rose: Ja, Umbauten, Anbauten, Ergänzungen, auch die Nutzung von Brach- und Restflächen stehen bei den Aufträgen im Vordergrund. Besonders interessant finde ich die Revitalisierung und Erweiterung eines Bungalows von 1970 in Hubbelrath. Dort scheint Platz, Raum und Geld vorhanden gewesen zu sein. Das Gebäude, Am Hülsfeld 39, wurde entkernt, energetisch saniert, aufgestockt und erweitert. Nun ist es ein Mehrgenerationenhaus. Wenn Wohnraum knapp wird, wie etwa in Flingern, kann man auch auf ein dreigeschossiges Haus weitere Obergeschosse draufbuckeln. Das Architekturbüro pier7 spielt auf diese Weise an der Hoffeldstraße mit Stadthaus und Hofhaus. Viele gute Ideen von Architekten erschließen sich erst, wenn man die Häuser von innen erlebt.

Ist das Wohnen auf der grünen Wiese in ländlicher Umgebung pass?

Rose: Das ist keine Investition für die Zukunft. In 20, 30 Jahren wird es schwer sein, eine solche Immobilie wieder zu verkaufen. Die Nachfrage ist nicht mehr auf großflächige Neubauten außerhalb der Stadt gerichtet. Viele Leute schätzen stattdessen die Infrastruktur der Stadt.

Ist Düsseldorf eine Stadt ohne Land?

Rose: In Wachstumsräumen wie Düsseldorf würde man gern mehr bauen, auch im Bereich des bezahlbaren Mietwohnraums, aber es fehlen die Flächen. Die Bilker Höfe sind da die Ausnahme. Hier schuf der Architekt Thomas Pink an der Färberstraße 219 Wohneinheiten in einem gänzlich neuen Quartier. Das ist ein sehr verdichteter Wohnungsbau.