Der Architekt kann auch verführen
In Simulationen entstehen teilweise „irre Bilder“. Ein Gastbeitrag von Bruno Braun.
Düsseldorf. Der Architekt ist Schöpfer einer gebauten Umwelt. Dabei bedient er sich der Kunst des Zeichnens. Er skizziert mit seiner eigenen Technik. Der eine macht einzelne Skizzen, ein anderer reiht Raum an Raum und ergötzt sich an gelungenen Kombinationen und an der Erfüllung des vorgegebenen Raumprogramms oder planerischer Vorgaben. Das geschieht „eindimensional“, platt auf einem Stück Papier. Da kann man sehr interessante Charaktere selbst berühmter Baumeister ausmachen.
Danach wird „ zweidimensional“ in (An-)Sichten und Schnitten die Idee auf dieses Papier gebracht. Andere Architekten fixieren mit einfachen Strichen ihre Visionen in plastischen Darstellungen der äußeren und inneren Gestalt des Gebäudes und der Freiräume. Es ist geburtenähnlich, es ist ein Hin und Her der Ideen, der Bilder, die im Kopf entstanden sind und während des Entwurfsprozesses entstehen. Es gilt, diese Ideen durch Zeichnungen festzuhalten.
Diese sind oft jedoch für die Öffentlichkeit zu abstrakt, zu speziell und die Idee zu wenig ablesbar. Ja sie werden sogar oft missverstanden — Planlesen will gelernt sein.
Nun bedient sich der Architekt eines zusätzlichen Hilfsmittels. Ein Modell in einem bestimmten Maßstab ist beliebt, der Aufwand jedoch recht groß. Da kommt die digitale Technik zu Hilfe. Der Computer mit seinen bestimmten Programmen macht es möglich.
Mit Hilfe der visuellen Technik versucht der Architekt, seine Ideen verständlich zu machen. Dabei kann er auch verführen, den Betrachter zu angenehmem Beurteilen verleiten. So können plötzlich Täler, begrünte Hänge gesehen werden. Die verführerische Darstellung verzerrt das wahre Bild. Licht und Schatten werden stimmig gemacht. Das Grün quillt über und die Bäume werden in etlichen Jahren die dargestellte Größe nicht erreicht haben. Die Darstellungen erhalten eingefügte Stimmungsbilder, die eine Stadtregie vormachen.
Der „Bildmacher“ kann täuschen, verzerren und manipulieren. Durch Einfügen von meist jungen, hübschen und adrett gekleideten Männern und Frauen im besten Alter werden Aufenthaltsqualität und menschlicher Maßstab vorgetäuscht. Das ungeübte Auge ist getrübt, so dass irre Bilder entstehen. Lichtdurchflutete Täler mit grünen Hängen zum Beispiel, mitten in der Stadt! Es gilt, das Sehen zu lernen, dabei Wichtiges vom Beiwerk zu unterscheiden und Täuschungen zu erkennen. Spätestens wenn die zu Papier gebrachte Idee Realität wird, also dreidimensional Gestalt annimmt, ist die Enttäuschung groß. Denn sie stimmt oft nicht mit dem Bild der vorgelegten Zeichnung überein, im Besonderen der computerunterstützten.
“ Der Autor hat ein Architekturbüro in Oberkassel und ist Vorsitzender des Bundes Deutscher Architekten (BDA) in Düsseldorf.