„Abu Adam“ vor Gericht in Düsseldorf Dienstag startet der Prozess gegen Sven Lau
Seit neun Monaten schmort der bundesweit bekannte Islamist Sven Lau in Untersuchungshaft. Am kommenden Dienstag startet der Prozess gegen ihn in Düsseldorf. Ist Lau, prominentes Aushängeschild der Salafistenszene, ein Terrorist?
Düsseldorf. Er ist neben Pierre Vogel das wohl bekannteste Gesicht des radikalen Islam in Deutschland: Sven Lau, Ex-Feuerwehrmann aus Mönchengladbach. Bundesweit brachte Lau seine Botschaften bei Demonstrationen, in Moscheen und in Internet-Videoauftritten unter die wachsende Schar der Anhänger des Salafismus. Er gilt als Initiator der „Scharia-Polizei“ in Wuppertal. Doch seit neun Monaten ist Sendepause: Lau sitzt in Untersuchungshaft. Am kommenden Dienstag beginnt der Prozess gegen den 35-Jährigen im Hochsicherheitstrakt des Düsseldorfer Oberlandesgerichts.
Die Bundesanwaltschaft hat Lau als mutmaßlichen Unterstützer der syrischen Terrormiliz Jamwa („Armee der Auswanderer und Helfer“) angeklagt. Der Staatsschutzsenat unter Vorsitz von Richter Frank Schreiber würde unter Umständen sogar noch einen Schritt weiter gehen. Aus Sicht des Senats komme auch eine Verurteilung als Terrorist in Betracht, hat das Gericht Lau und seinen Anwälten mit auf den Weg gegeben.
Dass aus Laus Umfeld junge Männer nach Syrien verschwinden, war dem Verfassungsschutz, der Lau seit Jahren beobachtet, schon vor geraumer Zeit aufgefallen. Doch der Islamist hatte den Verdacht, mit Terroristen unter einer Decke zu stecken, weit von sich gewiesen. Als er im Frühjahr 2015 verhaftet wurde, kam er nach einigen Wochen aus der U-Haft frei - die Beweislage war zu dünn.
Inzwischen sieht sich die Bundesanwaltschaft ausreichend gewappnet. Fast 80 Seiten stark sind die Anklagevorwürfe gegen Lau. 30 Verhandlungstage hat das Gericht bis Mitte Januar angesetzt. Die Ermittler stützen ihre Vorwürfe auf die Auswertung von Videobotschaften, Chat-Dateien, Fotos von Laus Laptop und Zeugen.
Die Tatvorwürfe reichen ins Jahr 2013 zurück. Laut Anklage hat Lau zwei Salafisten aus Deutschland mit Hilfe eines Schleusers in die Reihen Jamwas gelotst. Einer von ihnen soll der in Stuttgart zu viereinhalb Jahren Haft verurteilte Ismail I. sein.
Außerdem soll Lau der Terrormiliz Nachtsichtgeräte und Geld verschafft haben. Der so unterstützte Flügel der islamistischen Jamwa-Miliz soll schon damals dem blutrünstigen „Islamischen Staat“ nahegestanden und sich ihm mittlerweile angeschlossen haben.
Hinter der Fassade humanitärer Hilfe für notleidende Muslime sei die Terrorhilfe geleistet worden, hatten Sicherheitsbehörden nach der Festnahme Laus im vergangenen Dezember berichtet.
„Mein Mandant bestreitet die Vorwürfe mit Nachdruck“, sagt Laus Verteidiger Mutlu Günal auf dpa-Anfrage und prophezeit: „Der Generalbundesanwalt wird sich am Ende des Verfahrens bei Herrn Lau entschuldigen müssen. Er sollte schon mal Geld für die Haftentschädigung zurücklegen.“
„Der größte Fehler der Anklage ist es, sie auf einem Hauptbelastungszeugen aufzubauen, der bereits als notorischer Lügner entlarvt ist“, kritisiert Günal und meint Ismail I., der den Ermittlern zahlreiche unterschiedliche Versionen erzählt habe. Wo die Nachtsichtgeräte, die Lau nach Syrien geschickt haben soll, abgeblieben seien, wisse auch niemand. „Die Anklage wird wie ein Kartenhaus zusammenbrechen“, so der Verteidiger.
Internet-Videos zeigen Lau im Jahr 2013 in Bürgerkriegsgebieten in Syrien. Auf einem Foto soll er auf einem Panzer zu sehen sein. Seinen Reisepass hatten die Behörden schon vor der Inhaftierung eingezogen. Mehrfach soll er gegen das Ausreiseverbot verstoßen haben.
Bis 2011 tummelte Lau sich als „Abu Adam“ mit seinem Verein „Einladung zum Paradies“ in Mönchengladbach. Anwohner liefen dagegen Sturm. In den Vereinsräumen brannte es.
Für großes Aufsehen sorgte Lau dann 2014 als Initiator der „Scharia-Polizei“ in Wuppertal. Mit Warnwesten gingen dort Salafisten wie in streng-muslimischen Ländern „auf Streife“ gegen Glücksspiel, Alkohol und Musik. Das trug ihm eine weitere Anklage wegen Verstoßes gegen das Versammlungsgesetz ein. Es war wohl eine Werbeaktion für die Wuppertaler Hinterhof-Moschee Darul Arqam.
Ein Gutachter bescheinigt Lau mit seiner „emotionalen Rhetorik“ eine „hohe suggestive Wirkung“ auf junge Muslime. Bis zu seiner Festnahme im Dezember 2015 lebte er im Süden Düsseldorfs.