Terrorverdacht gegen 15-jährige Düsseldorferin „Die Radikalisierung findet oft unter dem Radar statt“

Düsseldorf · Die Radikalisierung der jungen Frau unterstreicht die Notwendigkeit einer professionellen Präventionsarbeit. Wie Sozialarbeiter und Vertreter der Muslime die Situation in der Landeshauptstadt einschätzen.

Generalstaatsanwaltschaft uns Staatsschutz koordinierten die Ermittlungen.

Foto: dpa/Rolf Vennenbernd

(jj) Die mutmaßliche Radikalisierung einer Jugendlichen aus Düsseldorf hat am Freitag auch bei Muslimen in der Stadt Betroffenheit ausgelöst. Die 15-Jährige sitzt in Untersuchungshaft, weil sie in einer Chatgruppe gemeinsam mit anderen Jugendlichen Angriffe auf Menschen in Kirchen, Synagogen und Polizeistationen geplant haben soll. Fahnder hatten die Wohnung der Familie in Düsseldorf durchsucht. Der Vater der 15-Jährigen sei bereits früher aufgefallen, weil er Spenden für den IS gesammelt haben soll, hieß es am Freitag.

„Düsseldorf ist kein Hotspot für Salafismus und Islamismus, aber vor einer Radikalisierung Einzelner in Chat-Gruppen oder über andere Kanäle im Internet ist am Ende niemand gefeit, das ist ein weltweites Phänomen“, sagt Samy Charchira. Der Sozialarbeiter mit Wurzeln in Marokko leitet die Aktion Gemeinwesen und Beratung (AGB). Der auf soziale Arbeit im Quartier spezialisierte Verein ist in Düsseldorf und im Kreis Mettmann Träger des Projekts „Wegweiser – Stark ohne islamistischen Extremismus“, das sich unter anderem in Schulen und Jugendeinrichtungen stark in der Präventionsarbeit engagiert. „Wir verfügen über gute und weit verzweigte Netzwerke, aber können immer nur einen Teil derjenigen erreichen, die offen sind für radikale Einstellungen“, sagt Charchira. So radikalisierten sich gerade auch jüngere Menschen, die oft auf Plattformen wie Tiktok oder Telegram unterwegs seien, nicht selten unter dem Radar und seien in einem fortgeschrittenen Stadium dann für Präventionsprojekte nicht mehr erreichbar.

Betroffen gemacht hat die Nachricht einer jungen Terrorverdächtigen aus Düsseldorf auch Redouan Aoulad Ali, der dem Vorstand des Kreises der Düsseldorfer Muslime (KDDM) angehört. Auch er hat Wurzeln in Marokko. „Das sind ja unsere Düsseldorfer Kinder, die hier geboren und aufgewachsen sind, und dann doch in die Hände irgendwelcher Rattenfänger geraten.“ Dass fundamentalistische Prediger immer wieder einmal Zugang zu den Gemeinden suchen, hat er auch in Düsseldorf erlebt. „Es entstand dann bei einigen der Wunsch, sie nach Düsseldorf einzuladen“, erinnert sich Aoulad Ali. Allerdings seien die Thesen dieser Männer mit den Grundsätzen des KDDM nicht vereinbar gewesen und die Vorstände hätten dann entschieden, sie nicht einzuladen.

(jj)