Sicherer Schulweg Warum in Düsseldorf der Kampf gegen Eltern-Taxis mühsam bleibt

Düsseldorf · Mit dem Auto den Nachwuchs bis vor das Schultor fahren: Das finden immer noch viele Eltern in Ordnung. Dabei provoziert der Bringdienst Unfälle. Und er schadet der kindlichen Entwicklung. Was ist zu tun?

Frederic (l.) und Mila auf dem Weg in die Paulusschule. Der sichere Schulweg war bei den Einschulungen an den Düsseldorfer Grundschulen am Donnerstag das große Thema.

Foto: Bretz, Andreas (abr)

Die Zahl der Eltern, die ihren Nachwuchs gegen den Rat von Pädagogen und Experten jeden morgen mit dem Auto bis zur Schule fahren, bleibt auf hohem Niveau. „Es macht die Schulwege unsicher und die Kinder unselbstständig“, sagt Andreas Hartnigk, Chef der Düsseldorfer Verkehrswacht und CDU-Ratsherr. Das Problem: Seit Jahren versuchen Lehrerkollegien, Pflegschaften, Polizei und Verkehrserzieher, die Eltern davon abzuhalten. Zu groß sind die Risiken, wenn sich vor den Schultoren die Autos um zehn vor acht am Morgen knubbeln, Sichtfelder verengen und Straßen durch gewagte Wendemanöver blockieren.

Welche Folgen das Chaos vor Unterrichtsbeginn haben kann, hat Monika Maraun, Leiterin der katholischen Paulusschule in Düsseltal, zuletzt kurz vor den Ferien erlebt. „Ein Junge wurde von einem Auto berührt, der Fahrer hatte wegen der vielen Elterntaxis das Kind nicht rechtzeitig erkannt. Gott sei Dank war es nicht verletzt, aber der Schrecken saß tief“, erinnert sich die Pädagogin am Rande der Einschulungsfeier für die diesjährigen i-Dötzchen. Über die vielen Pkw wundert sich die Lehrerin immer wieder. „Nach den Elternabenden denken wir, dass wir bei diesem Thema so gut wie alle mit im Boot haben, aber dann kommt der Alltag und die Autos sind wieder da.“

Immer wieder verändert sich
die Situation an den Schulen

Stadtweite Zahlen zu den elterlichen Bringdiensten gibt es bislang nicht. „Vor allem Grundschulen sind betroffen, wobei sich die besonders kritischen Standorte immer wieder verändern, manchmal auch von Schuljahr zu Schuljahr“, sagt Simon Höhner, Geschäftsführer der Verkehrswacht. Das könne an der Aufklärung vor Ort liegen, manchmal aber auch einfach daran, dass die Eltern eines neuen Jahrgangs bei dem Thema anders ticken.

Zu denen, die es genauer wissen wollten, gehört Birgit Nösser, Leiterin der KGS an der Fuldaer Straße in Eller. Sie hat die vorfahrenden Autos tatsächlich einmal zählen lassen. „Es waren 70 von 200 Kindern, die gebracht wurden“, sagt sie. Zu viele seien das, meint die Pädagogin, aber tatsächlich nehme das Phänomen zu, „auch deshalb, weil immer mehr Eltern ihren Kindern den selbstständigen Weg zur Schule einfach nicht zutrauen“. Dass der Bringdienst gefährlich sei, werde meist ignoriert. „Wir haben auf der Vorderseite der Schule ein absolutes Halteverbot, aber das wird dann einfach ignoriert“, sagt Nösser, die hofft, dass bald auch im Wendehammer auf der Rückseite ein absolutes Halteverbot eingerichtet wird.

Für ein Umdenken wird auch an der KGS viel getan. Es gibt Infoabende und im September folgt eine Walk-to-School-Woche. Und wer sich einen ganzen Monat lang von den Viertklässlern abstempeln lässt, dass er jeden Morgen zu Fuß, mit dem Roller oder dem Rad zur Schule gekommen ist, erhält sogar eine kleine Belohnung. Trotzdem gelingt es nicht, damit alle Familien zu erreichen. Im Gegenteil: Dass vor einiger Zeit das Ordnungsamt vor der Schule stand, um zu beraten und aufzuklären, kam bei einigen der Angesprochenen gar nicht gut an. „Es gab sogar eine Beschwerde bei der Bezirksvertretung, was so eine Aktion denn solle“, meint Nösser, die es inzwischen begrüßen würde, wenn bei Verletzung des Halteverbots auch mal gezielt ein Knöllchen ausgestellt würde. Die Erfahrung, dass Eltern die Risiken nicht immer erkennen, hat auch Monika Maraun gemacht. „Wenn ich die Fahrer in den Eltern-Taxis anhupe, lächeln die zurück, weil sie denken, ich würde sie nur grüßen wollen.“

Dass es für manche Familien im Alltagsstress einfach nahe liegt, das Kind auf dem Weg zur Arbeit an der Schule abzusetzen, kann Experte Höhner durchaus nachvollziehen. Aber wer das so mache, solle sein Kind wenigstens ein paar Hundert Meter vor der Schule absetzen. „Ein Kind, das zu Fuß geht, hat danach den Kopf frei und kann sich besser konzentrieren“, meint der Experte.

Und Thorsten Graeßner, Schulexperte der Grünen, verweist auf die an einigen Standorten eingerichteten Kiss-and-Ride-Zonen. Spätestens dort müsse die Begleitung zur Schule enden. „Ich weiß, dass viele Düsseldorfer Eltern heutzutage Angst vor dem enormen Verkehr haben. Aber ich muss ein Kind so früh wie möglich lernen lassen, die Gefahren gut und angemessen einzuschätzen.“