Eine Choreografie der Stadt

Sebastian Matthias hält uns in seiner Perfomance-Serie den Spiegel vor.

Tänzerinnen des Projekts in der St. Elisabeth Kirche.

Foto: Christian Laki

Düsseldorf. 18.30 Uhr. Ein gewöhnlicher Donnerstag. Regen. Auf dem Vorplatz des Hauptbahnhofes mischen sich plötzlich Tänzerinnen unter das hektische Treiben. Sie eilen auf und ab. Bleiben stehen, schieben aus verschiedenen Materialen gestaltete Elemente durch die Gegend. Manche Passanten wundern sich. Doch das, was sie sehen, ist aus ihrem eigenen Verhalten heraus extrahiert. Ein Kommentar.

Aus dem Substrat seiner Forschungen an öffentlichen Orten entwickelte der Choreograf Sebastian Matthias gemeinsam mit seinem Team eine Performanceserie unter dem Titel „groove space“. Hierbei entstand aus beobachteten Organisationsdynamiken eine Choreografie, die die örtlichen Regeln aufnimmt, spiegelt, verdichtet. Eine überaus spannende Idee. Wie sie zurückversetzt in die Stadt funktioniert, kann man nun am eigenen Leib ausprobieren.

Nach drei Jahren der Forschung erobert seit 2016 die Performance jene Orte wieder, aus denen sie herausgearbeitet wurde. Auf Einladung des Tanzhauses NRW auch in Düsseldorf. Sie geht in die Stadt: Auf den Bahnhofsvorplatz als „Transitional space“ (Durchgangsraum), in St. Elisabeth am Vinzenzplatz als „Institutional Space“, in die Galerie „Am Meer & Studio W57“ als Kunstraum, in Sporthallen der Montessori-Gesamtschule an der Lindenstraße als „Game Space“ und schließlich in ein „Leisure Space“, einem Freizeitraum: die Pechmarie/Goldmarie Bar. Dort mischen sich die Performer mit den Choreografien in die vorherrschende Situation, interagieren mit den Menschen, spiegeln in stereotypen Gesten, Bewegungen aber auch Worten die Verhaltensweisen, die dort vorherrschen.

Zugleich hat Matthias Künstler eingeladen, die Orte mit einer Installation zu versehen — als Klanginstallation wie in der Kirche oder als dunkler mit Laserlicht in dominante Farben getauchter Turnraum. Dies können künstlerisch gestaltete Schiebelemente sein, oder eine Singer/Songwriterin, die in der Bar ihre Kunst zum Besten gibt. Den Weg von Ort zu Ort erkunden die Teilnehmer der Safari selbst, lediglich mit einem mit Informationen versehenen „Anleitungs-Kit“ ausgestattet.

Die Vorstellungen beginnen an den Orten zeitversetzt. Und was erlebt man? „People looking at people looking at people“: Menschen also, die Menschen anschauen, die wiederum Menschen anschauen. Das ist der Kern der Sache. Das Anschauen lohnt sich am heutigen Samstag von 18.30 Uhr bis ca. 20.30 Uhr; Eintritt: 22 Euro; Treffpunkt und Abendkasse am Tanzhaus-Stand vor dem Hauptbahnhof, Ausgang Bertha-von-Suttner-Platz.